Washington – Eine drohende Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung ist abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus billigte am späten Donnerstagabend (Ortszeit) auch der Senat in Washington einen Gesetzentwurf, mit dem die staatliche Schuldenobergrenze in den USA vorerst ausgesetzt wird.
Ohne den Schritt wäre der US-Regierung in wenigen Tagen das Geld ausgegangen. Mit dem abschliessenden Votum im Kongress endet eine lange politische Zitterpartie, die in den USA und darüber hinaus grosse Sorgen vor einer wirtschaftlichen Krise ausgelöst hatte. Bis zuletzt hatten die Demokraten von Präsident Joe Biden mit den Republikanern erbittert um einen Kompromiss gerungen.
Ein Zahlungsausfall der weltgrössten Volkswirtschaft hätte eine globale Finanzkrise und einen wirtschaftlichen Abschwung auslösen können. Die politische Hängepartie in Washington sorgte daher auch an Börsen für Unruhe.
Die Abstimmung
Eine parteiübergreifende Mehrheit im Senat stimmte nun für den Gesetzentwurf, mit dem die Schuldenobergrenze bis 2025 ausgesetzt wird, während zugleich die staatlichen Ausgaben in den kommenden zwei Jahren beschränkt werden. 63 von 100 Senatoren verhalfen dem Entwurf zur nötigen Mehrheit, darunter 46 Demokraten und 17 Republikaner.
Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, äusserte sich erleichtert. «Wir haben einen katastrophalen Zahlungsausfall verhindert», sagte er. Dabei hätten vor allem die Demokraten die Einigung über die Ziellinie getragen – denn in beiden Kongresskammern hätten mehr Demokraten als Republikaner für den Deal gestimmt.
Biden lobt parteiübergreifende Zusammenarbeit
Das US-Repräsentantenhaus hatte den Gesetzentwurf am Mittwochabend verabschiedet, ebenfalls mit einer parteiübergreifenden Mehrheit. Nach dem finalen Votum im Senat muss Präsident Biden das Gesetz nun noch unterzeichnen, um es in Kraft zu setzen. Das gilt jedoch als reine Formalie. Biden kündigte unmittelbar nach dem Votum an, das Gesetz so schnell wie möglich zu unterzeichnen und sich am Freitagabend (Ortszeit, 01.00 MESZ am Samstag) direkt an das amerikanische Volk zu wenden. Senatoren beider Parteien hätten mit ihren Stimmen einen Zahlungsausfall verhindert, betonte Biden. «Gemeinsam haben sie einmal mehr bewiesen, dass Amerika eine Nation ist, die ihre Rechnungen bezahlt und ihren Verpflichtungen nachkommt – und dies immer tun wird.»
Der Deal
Biden und der republikanische Vorsitzende im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, hatten in den vergangenen Wochen in zähen Verhandlungen um einen parteiübergreifenden Kompromiss gerungen und erst am vergangenen Wochenende einen Deal präsentiert. Dieser sieht vor, dass der Umfang des Bundeshaushalts, den die Demokraten unter Biden vergrössern wollten, faktisch eingefroren wird. Dafür werden die Budgets vieler Bundesbehörden und Ministerien angepasst. Die Republikaner konnten auch durchsetzen, dass Empfänger bestimmter Sozialleistungen einen Job nachweisen müssen. Die Demokraten wollten die staatlichen Einnahmen eigentlich durch die stärkere Besteuerung von Reichen erhöhen. Dagegen wiederum stemmten sich die Republikaner.
Mit dem Deal sind viele Demokraten wie auch Republikaner unzufrieden. Linke Demokraten beklagen etwa Kürzungen im sozialen Bereich. Rechten Republikanern gehen die Einsparungen nicht weit genug. Und auch viele moderate Politiker aus der Mitte beider Parteien sind keineswegs begeistert. Angesichts der drohenden dramatischen Konsequenzen durch einen Zahlungsausfall stimmten letztlich jedoch ausreichend Kongressmitglieder aus beiden Lagern für den Deal und sicherten so die nötige Mehrheit im Parlament.
«Niemand bekommt in einer Verhandlung alles, was er will», betonte Biden. Die überparteiliche Einigung sei aber ein grosser Gewinn für die US-Wirtschaft und das amerikanische Volk. (awp/mc/pg)