Verhandlungen über Schuldenschnitt vor Abschluss
Papademos-Äusserungen machen Hedge Fonds nervös.
Athen – Die Verhandlungen über den griechischen Schuldenschnitt stehen offenbar kurz vor dem Abschluss. Ein enger Mitarbeiter von Finanzminister Evangelos Venizelos sagte der Nachrichtenagentur dpa am Freitag: «Wir sind optimistisch.» Mehrere griechische Medien berichteten übereinstimmend von Fortschritten bei den Gesprächen. Offen ist weiter, ob grosse Gläubiger – vor allem die Hedge-Fonds – bei dem geplanten Schuldenerlass für Athen so mitziehen wie erhofft.
Am Freitagvormittag kamen Ministerpräsident Lucas Papademos und der Vertreter des Internationalen Bankverbandes IIF, Charles Dallara, zusammen. Erklärungen gab es anschliessend nicht, dem Vernehmen nach legten sie letzte Einzelheiten des Schuldenschnitt-Plans fest. Für den Abend war ein weiteres Treffen geplant.
Weltweite Telefonkonferenz
Ausserdem fand eine weltweite Telefonkonferenz mit Vertretern zahlreicher Banken statt, wie die Zeitung «To Vima» auf ihrer Internetseite berichtete. Der Internationale Bankenverband IIF informiere die Geldgeber über die geplanten Modalitäten des Schuldenschnitts, hiess es. Parallel liefen die Drähte zwischen Banken und Regierungen heiss: Finanzminister Venizelos berichtete von telefonischen Beratungen zwischen verschiedenen Euroländern.
Griechische Medien gehen davon aus, dass die angestrebte Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) spätestens am Montag fertig sein könnte. Diese Absichtserklärung bedeutet jedoch noch nicht, dass der langwierige Schuldenschnitt-Prozess damit zu Ende ist. Ob der erfolgreich wird, hängt davon ab, wie viele Banken und andere Besitzer griechischer Staatsanleihen mitmachen und auf Geld verzichten. Angepeilt ist, dass die Summe von 100 Milliarden Euro erreicht wird.
Den teilweisen Schuldenerlass für Athen sollen die privaten Gläubiger freiwillig schultern. Ihr Engagement ist ein entscheidender Baustein für das zweite, 130 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm für Griechenland.
Anleihentausch geplant
Die privaten Gläubiger, darunter Banken und Hedge-Fonds, sollen bestehende Anleihen in neue tauschen, dabei auf Teile ihrer Forderungen verzichten und auch niedrigere Zinsen in Kauf nehmen. Am Freitagnachmittag deuteten Informationen aus Bankkreisen auf einen Zinssatz zwischen drei und 4,6 Prozent hin, die Laufzeit soll demnach 30 Jahre betragen.
In den ersten Jahren bis 2014 soll der Zinssatz bei drei Prozent liegen, dann soll er stufenweise steigen: zwischen 2014 und 2020 auf vier Prozent, danach auf 4,5 Prozent. Anderen Quellen zufolge soll der Anstieg der Zinsen vom griechischen Wirtschaftswachstum abhängen – wobei fraglich ist, wann die Wirtschaft des Landes überhaupt wieder wächst. Wann die endgültigen Modalitäten bekanntgegeben werden, war am Freitag weiter unklar.
Einbussen von bis zu 68 Prozent
Der Schuldenschnitt dürfte die Banken nach Schätzungen griechischer Finanzexperten mehr als die 50 Prozent kosten, von denen häufig die Rede ist: Die reellen Einbussen könnten aufgrund der geringeren Zinsen bis zu 68 Prozent der ursprünglichen Anlagen betragen. Offizielle Quellen wollten dies nicht kommentieren.
In Athen setzen unterdessen Vertreter der internationalen Geldgeber die Prüfung der Bücher fort. Am Freitag kamen auch die Chefs der sogenannten «Troika» hinzu. Die Vertreter der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) trafen am Vormittag mit Finanzminister Venizelos zusammen. Ohne das grüne Licht der «Troika» kann Athen nicht auf weitere Finanzspritzen hoffen. (awp/mc/pg)