Luton – Das schwache Pfund und die späten Osterferien haben den britischen Billigflieger Easyjet im Winter tief in die roten Zahlen fliegen lassen. Im ersten Geschäftshalbjahr bis Ende März fiel der Verlust unter dem Strich mit 192 Millionen Pfund (226 Mio Euro) 13-mal so hoch aus wie ein Jahr zuvor, wie die Ryanair-Rivalin mitteilte. Währungseffekte und die Tatsache, dass Ostern diesmal in den April und damit erst in das dritte Geschäftsquartal fällt, hätten das Ergebnis mit 127 Millionen Pfund belastet. Easyjet-Chefin Carolyn McCall berichtete zudem von einem deutlichen Verfall der Ticketpreise.
Dabei grassiert weiterhin die Unsicherheit, auf welche Flugrechte britische Airlines nach dem geplanten EU-Austritt des Landes innerhalb der Europäischen Union noch bauen können. Easyjet steckt deshalb Millionensummen in ein Zukunftskonzept, das auch den Aufbau eines separaten Flugbetriebs innerhalb der EU vorsieht. Dadurch hofft Easyjet auch nach dem Brexit noch Flüge zwischen Flughäfen innerhalb der EU wie von Berlin nach Athen anbieten zu können.
Verfall der Ticketpreise
Im Winterhalbjahr machte der allgemeine Verfall der Ticketpreise Easyjet erneut zu schaffen. Der Umsatz je Sitzplatz sank den Angaben zufolge im Jahresvergleich um 4,9 Prozent. Dies habe Easyjet zwar durch Zusatzerlöse und eine bessere Auslastung der Jets auffangen können. Allerdings seien die Kosten rund um einen Sitzplatz durch den Wertverlust des britischen Pfunds nach dem Brexit-Votum ebenfalls um 4,9 Prozent gestiegen. Einsparungen etwa durch billigeres Kerosin sind in dieser Zahl schon enthalten.
Umsatz steigt auf 1,8 Mrd Pfund
Insgesamt wuchs der Umsatz aufgrund eines deutlich ausgeweiteten Flugangebots zwar um drei Prozent auf 1,8 Milliarden Pfund. Der operative Verlust vergrösserte sich von 17 Millionen auf 220 Millionen Pfund.
8% mehr Passagiere in der Schweiz
Zum Wachstum trug auch die Schweiz bei. Die Zahl der Passagiere stieg hierzulande um 8% auf rund 6 Millionen. Von den 435’000 zusätzlichen Fluggästen entfielen fast 150’000 auf den Zürcher Flughafen, wie Easyjet-Schweiz-Chef Thomas Haagensen gegenüber AWP sagte. In Genf und Basel, den beiden Hauptflughäfen für Easyjet in der Schweiz, stiegen die Verkehrszahlen um 4% beziehungsweise 7%. Finanzielle Details zur Schweiz gibt Easyjet nicht bekannt.
Flugangebot soll weiter wachsen
Unternehmenschefin McCall hält angesichts steigender Buchungszahlen jedoch an den Wachstumsplänen des Billigfliegers fest. In der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres bis Ende September soll das Flugangebot um 8,5 Prozent wachsen. 55 Prozent der Tickets für diesen Zeitraum seien bereits verkauft, das sind 5 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr.
Nun versucht Easyjet, die eigenen Betriebskosten zu senken – etwa durch eine veränderte Flottenplanung. So soll der Flugzeugbauer Airbus statt der vor drei Jahren bestellten 30 Mittelstreckenjets vom Typ A320neo die gleiche Zahl Flieger in der längeren Version A321neo ausliefern. Dadurch sollen die Kosten je Sitzplatz um 8 bis 9 Prozent sinken. Zudem kann die Fluglinie auf diese Weise ihr Ticketangebot an stark ausgelasteten Flughäfen ausbauen, an denen weitere Start- und Landezeiten schwer zu bekommen sind. Easyjet will in jeder A321neo 235 Passagiere unterbringen. In der A320neo finden nur 186 Fluggäste Platz.
Easyjet gibt Air Berlin und Alitalia einen Korb
Eine Übernahme der angeschlagenen Konkurrenten Air Berlin und Alitalia schliesst Easyjet aus. Easyjet-Chefin Carolyn McCall sagte zwar bei der Vorlage der jüngsten Quartalszahlen am Dienstag, sie hoffe auf eine Konsolidierung der Branche. Dies wären gute Nachrichten, weil es dann weniger Kapazität im Markt gebe. McCall betonte aber zugleich: «Wir werden Alitalia nicht kaufen und wir werden auch Air Berlin nicht kaufen.» Die zweitgrösste deutsche Fluggesellschaft und die italienische Airline kämpfen derzeit mit starkem Gegenwind. Aber auch Easyjet spürt, wie die Konkurrenz, scharfen Wettbewerb und Überkapazitäten in Europa.
Der deutsche Branchenprimus Lufthansa zeigte jüngst erneut Interesse an Air Berlin, scheut aber das hohe Kostenniveau der Berliner, deren Schulden und ein Veto der Wettbewerbshüter. (awp/mc/pg)