Stockholm – Trotz aller Warnungen aus Moskau will Schweden nun Mitglied der Nato werden. Eine Mehrheit des Parlaments in Stockholm sprach sich am Montag für den historischen Schritt aus. Unterdessen geht das Ringen um ein EU-weites Ölembargo für Russland weiter. «In den nächsten Tagen werden wir zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen – da bin ich sehr zuversichtlich», sagte die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Rande eines EU-Aussenministertreffens in Brüssel. Andererseits warnten EU-Chefdiplomaten vor zu frühen Hoffnungen. Kiew erzielte mit einem Vorstoss bis zur russischen Grenze einen symbolträchtigen Erfolg. Verwundete, ukrainische Kämpfer sollen nach russischen Angaben aus dem Asovstal-Werk geholt werden.
«Wir verlassen eine Ära und treten in eine neue ein», sagte die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson. Geplant sei, den Antrag in den kommenden Tagen gemeinsam mit Finnland einzureichen. Zuvor hatte sich bei einer Diskussion im schwedischen Parlament eine Mehrheit der Parteien für eine Mitgliedschaft in dem westlichen Verteidigungsbündnis ausgesprochen. «Es gibt viel in Schweden, das es wert ist, verteidigt zu werden, und unserer Einschätzung nach geschieht das am besten in der Nato», sagte die Sozialdemokratin Andersson. Russlands Vize-Aussenminister Sergej Rjabkow hatte bereits zuvor eine Aufnahme Finnlands und Schwedens in die Nato als «schwerwiegenden Fehler mit weitreichenden Folgen» bezeichnet.
Baerbock beeindruckt von EU-Solidarität
Die Europäerinnen und Europäer stünden trotz aller Unterschiede so eng zusammen, wie sie es bisher noch nie erlebt habe, sagte die Grünen-Politikerin Baerbock. Sie machte deutlich, dass sie ein Öl-Embargo ganz ohne Ungarn und andere kritische Länder für eine sehr schlechte Idee halte. «Es ist wichtig, dass alle Länder den Weg des Ausstiegs gemeinsam gehen können.» Man dürfe sich «keinen Millimeter» spalten lassen. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell äusserte sich deutlich skeptischer. Da es «ziemlich feste Positionen» gebe, könne er nicht garantieren, dass ein Durchbruch gelinge, sagte der Spanier mit Blick auf den Widerstand Ungarns gegen das geplante Einfuhrverbot.
Ukrainische Truppen erreichen an einer Stelle russische Grenze
Ukrainische Truppen melden einen symbolträchtigen Erfolg bei ihrer Gegenoffensive im östlichen Gebiet Charkiw: Sie sind zumindest an einer Stelle bis zur Grenze zu Russland vorgestossen. Das ukrainische Verteidigungsministerium veröffentlichte ein Video mit einem Dutzend Soldaten neben einem Grenzpfahl in den Nationalfarben Blau und Gelb. Sie gehören den Angaben zufolge zu einer Freiwilligen-Brigade aus der Stadt Charkiw. In einem weiteren im Netz veröffentlichten Videoclip ist zu sehen, wie die Soldaten den Pfahl mitbringen und vor einem Graben mit russischen Grenzschildern platzieren. Das ukrainische Militär hatte bereits in den vergangenen Tagen berichtet, dass es schrittweise gelinge, russische Truppen bei Charkiw zurückzudrängen.
Wieder Raketen auf Odessa
Durch einen russischen Raketenangriff in der Nähe der Hafenstadt Odessa im Süden der Ukraine wurde ukrainischen Militärangaben zufolge eine touristische Unterkunft zerstört. Das Kommando Süd der ukrainischen Streitkräfte berichtete von mindestens drei verletzten Zivilisten. Zudem sei Feuer ausgebrochen. Ziel war demnach eine zuvor schon angegriffene und beschädigte Brücke über der Mündung des Flusses Dnister. Von russischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung. Das Verteidigungsministerium in Moskau meldete unterdessen mehr als 100 Luftangriffe auf militärische Infrastruktur in der Ukraine in der Nacht zu Montag.
Moskau: Verletzte Kämpfer werden aus Asovstal-Werk herausgeholt
Im Ringen um eine Lösung für die verwundeten Kämpfer im Asovstal-Werk in Mariupol soll es nach russischen Angaben nun eine Einigung geben. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, dass eine Feuerpause gelte und ein humanitärer Korridor geöffnet werde. Die ukrainischen Kämpfer sollten in der von prorussischen Separatisten kontrollierten Stadt Nowoasowsk im Osten der Ukraine medizinisch versorgt werden. In der Ukraine gab es dafür zunächst keine offizielle Bestätigung. Die Regierung in Kiew hatte stets gefordert, die Verletzten auf das von der Ukraine kontrollierte Gebiet oder in ein Drittland zu überstellen. Nach ukrainischen Angaben sollen sich in der Industriezone des Unternehmens Azovstal rund 1000 Verteidiger Mariupols verschanzt haben. Hunderte von ihnen sollen verletzt sein. (awp/mc/pg)