CH-Steuerabkommen sorgen in Brüssel für rote Köpfe

CH-Steuerabkommen sorgen in Brüssel für rote Köpfe

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta.

Brüssel – Deutschland und Grossbritannien sorgen mit ihren Steuerabkommen mit der Schweiz in Brüssel für emsiges Treiben hinter den Kulissen. Österreich und Luxemburg verteidigen ihre Position und blockieren ein Weiterkommen in Steuersachen auf EU-Ebene und mit der Schweiz.

Gleich mehrere EU-Arbeitsgruppen im Bereich Steuern befassten sich diese Woche mit den Abkommen. In einer der Expertenrunden machten die beiden kleinen EU-Länder klar, dass sich die Situation durch die «letzten Entwicklungen grundlegend geändert hat». Deshalb sei es für sie momentan nicht möglich, das von der Kommission angestrebte Verhandlungsmandat für die Schweiz und weitere Drittstaaten zu akzeptieren, hiess es aus Sitzungskreisen. Die beiden EU-Länder Österreich und Luxemburg fürchten um ihr Bankgeheimnis und wehren sich für «gleich lange Spiesse» mit Drittstaaten wie der Schweiz, wenn es um den Informationsaustausch geht.

Thema nicht auf Agenda des nächsten Finanzministertreffens
Die EU-Kommission möchte mit den Drittstaaten über eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Zinsbesteuerungsabkommens verhandeln, braucht dafür aber Grünes Licht der Mitgliedstaaten. Dafür legte sie nun zum wiederholten Mal einen leicht abgeänderten Mandatstext vor, allerdings ohne Erfolg. Da nützte es nichts, dass sowohl die polnische EU-Ratspräsidentschaft, wie auch Dänemark, Deutschland, Frankreich und Grossbritannien betonten, dass die Abkommen keinen direkten Einfluss auf die von der Kommission angestrebten Verhandlungen hätten. Als Folge davon steht nun das Thema auch nicht auf der Agenda des nächsten EU-Finanzministertreffens Anfang Oktober in Luxemburg. Die Kommission wird vorerst das Steuerabkommen Schweiz-Deutschland genau unter die Lupe nehmen und prüfen, ob es die EU-Richtlinie zur Zinsbesteuerung oder das Zinsbesteuerungsabkommen EU-Schweiz verletzt.

EU pocht auf einheitliche Lösung
EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta hatte bereits früher bilaterale Abkommen einzelner EU-Staaten mit Drittländern kritisiert. Es sei wichtig, eine einheitliche Lösung für den Informationsaustausch mit Drittstaaten zu finden. Das gebe sowohl den Steuerzahlern, den Mitgliedstaaten und den Drittstaaten rechtliche Sicherheit. Dass bilaterale Steuerabkommen Auswirkungen auf andere Länder wie zum Beispiel Luxemburg haben werden, ist für Norbert Walter-Borjans, SPD-Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, klar. Das erklärte er am Freitag in einem Pressegespräch in Brüssel. Deshalb stünden Staaten, die früh damit begonnen hätten, solche Abkommen zu schliessen, in der Verantwortung.

«Keine Kavaliersdelikte»
Er sei kein Anhänger der Kavallerie, sagte Walter-Borjans in Anlehnung an Aussagen seines Parteikollegen Peer Steinbrück. Aber Steuerbetrug und -hinterziehung seien keine Kavaliersdelikte. Er befürworte den Abschluss der Schwarzgeld-Kapitel. Aber es gehe nicht an, dass ehrliche Steuerzahler «schlechter wegkommen», als jene mit Schwarzgeld. Im Bundesrat, der deutschen Länderkammer, werde es keine Mehrheit für das Steuerabkommen geben, glaubt Walter-Borjans. Nach einem Nein wäre es seiner Ansicht nach möglich, in Nachverhandlungen «zügig» zu Verbesserungen zu kommen. (awp/mc/ps)

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