Berlin – Der Lokführerstreik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bei der Deutschen Bahn ist angelaufen. Der Ausstand begann am Dienstagabend 18.00 Uhr im Güterverkehr, in der Nacht zu Mittwoch um 2.00 Uhr weitete die GDL ihn dann auf den Personenverkehr aus. Bis Montagabend um 18.00 Uhr soll der Arbeitskampf andauern.
Wie schon bei den vorigen Streiks fallen laut Bahn ungefähr 80 Prozent der Fernzüge aus. Auch im Regionalverkehr gebe es erhebliche Einschränkungen, sagte die Sprecherin. Diese fallen wie zuletzt regional sehr unterschiedlich aus. Fahrgäste können sich über die Internetseite der Bahn oder die App «DB-Navigator» über ihre Fahrt informieren. Zudem hat die Bahn eine Info-Rufnummer eingerichtet. Für gebuchte Fahrten während des Streikzeitraums ist die Zugbindung aufgehoben. Kundinnen und Kunden können ihre Reisen somit auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
Grosse Einschränkungen im Güterverkehr
Auch im Güterverkehr kommt es zu erheblichen Einschränkungen. «Auch der europäische Güterverkehr über die Alpen, Polen oder nach Skandinavien sowie die Seehäfen in Holland oder Belgien sind betroffen», teilte die Bahn mit. Bereits vor dem Streik sei ein deutlicher Mengenrückgang registriert worden, weil viele Kunden Transporte abbestellt hätten.
Schadenhöhe von bis zu 1 Mrd Euro
Unternehmen drohten harte Einschränkungen bis hin zu einzelnen Produktionsausfällen, Drosselungen und Stillständen in der Industrie, sagte Tanja Gönner, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Bei einem sechstägigen Streik ist eine Schadenshöhe von insgesamt bis zu einer Milliarde Euro nicht unrealistisch.»
Keine Verhandlungen seit Monaten
Die Situation im Tarifkonflikt ist verfahren. Verhandlungen zwischen der GDL und der Bahn hat es seit Ende November nicht mehr gegeben. Auch im jüngsten Angebot der Bahn sah die Gewerkschaft unter ihrem Chef Claus Weselsky keine Gesprächsgrundlage. Im Dezember liess die GDL ihre Mitglieder per Urabstimmung über unbefristete Streiks abstimmen. Rund 97 Prozent der teilnehmenden Beschäftigten sprachen sich dafür aus. Seither sind mehrtägige Streiks möglich.
GDL will tiefere Wochenarbeitszeit bei gleichem Lohn
Neben finanziellen Forderungen dreht sich der Tarifstreit vor allem um das Thema Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter. Die GDL will diese von 38 auf 35 Stunden bei gleichbleibendem Gehalt reduzieren. Die Bahn hat unter anderem ein Wahlmodell angeboten, das eine einstündige Absenkung ohne finanzielle Einbussen vorsieht. Wer sich dagegen entscheidet, erhält stattdessen 2,7 Prozent mehr Geld. Gewerkschaftschef Claus Weselsky sieht in der Offerte keine Grundlage für weitere Verhandlungen.
Verkompliziert wird der Tarifkonflikt dadurch, dass die GDL ihren Einfluss im Unternehmen ausweiten und Tarifverträge auch für die Beschäftigten der Infrastruktursparte abschliessen will. Dort gibt es bereits Tarifverträge der grösseren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), mit der die GDL konkurriert. Die Bahn lehnt diese Forderung bislang ab. (awp/mc/pg)