Seemonster im Mittelmeer!
Von Marco Evers
Der Segler in mir fürchtet die Flaute und den Sturm, nicht aber das Seeungeheuer, so ging es mir zumindest bis in jüngste Zeit. Was sich aber jetzt vor den Küsten Spaniens und Portugals abspielt, das bringt mich ins Grübeln: Riesige Wassertiere spielen dort Schiffeversenken.
Orcas vor der iberischen Halbinsel haben im Mai 2020 angefangen, Segelschiffe anzugreifen, selten auch Motorboote. Die Schwertwale bissen meist absichtsvoll in das Ruder, bis es brach und das Schiff manövrierunfähig zurückblieb. Offenbar ist es schon zu Dutzenden Attacken gekommen.
Im Juli 2022 brachten Orcas ein erstes Schiff zum Sinken, im November 2022 ein zweites. Alle Menschen wurden gerettet. Anfang Mai schlugen die Killerwale wieder zu: Drei Tiere heizten der Schweizer Segeljacht «Alboran Champagne» anderthalb Stunden lang ein. »Die Angriffe waren brutal«, berichtet der Skipper Werner Schaufelberger. Einer der Orcas rammte das Boot immer wieder und so heftig, dass es leckschlug.
Die Küstenwache rettete die Besatzung und schleppte das havarierte Schiff ab, doch vergebens: Kurz vor dem rettenden Hafen versank es im Mittelmeer.
Der nächste Angriff kommt bestimmt – und immer drängender stellt sich daher die Frage: Was ist los mit den Orcas?
Offenbar sind an den Attacken bis zu neun Orcas aus zwei Gruppen beteiligt: ein Jungtier-Trio, das manchmal als Quartett auftritt, und ein ganz spezielles Weibchen, das mit zwei Jungtieren und manchmal zwei Schwestern unterwegs ist. Dieses Weibchen, so spekulieren Forscher nun, könnte die Schlüsselfigur sein.