Kiew – Ungeachtet der derzeit schwierigen Lage an der Front hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gegenüber den russischen Angreifern siegessicher gezeigt. «2023 muss und wird definitiv das Jahr unseres Sieges sein!», schrieb Selenskyj am Sonntag auf Telegram. In seiner allabendlichen Videoansprache räumte er mit Blick auf den schwer umkämpften Osten seines Landes zugleich ein: «Die Situation ist sehr hart.» Schweren russischen Beschuss meldete die Ukraine unterdessen auch im Süden auf die Stadt Cherson sowie im Osten auf Charkiw.
Selenskyj: Russland will Krieg in die Länge ziehen
Im Gebiet Donezk seien vor allem die Städte Bachmut und Wuhledar weiter ständigem russischem Beschuss ausgesetzt, sagte Selenskyj. Trotz hoher Verluste in den eigenen Reihen reduzierten die Russen ihre Angriffsintensität dort nicht. «Russland hofft, den Krieg zu verlängern und unsere Kräfte zu erschöpfen.»
«Also müssen wir die Zeit zu unserer Waffe machen. Wir müssen die Ereignisse beschleunigen», meinte der ukrainische Staatschef. Insbesondere die Geschwindigkeit bei der Lieferung ausländischer Militärhilfen sei ein Schlüsselfaktor in diesem Krieg. Selenskyj pochte zudem einmal mehr auf weitere Waffenlieferungen über die kürzlich vom Westen zugesagten Kampfpanzer hinaus.
Scholz kritisiert Debatte über Lieferung von Kampfjets
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Debatte über die Lieferung von Kampfjets in die Ukraine kritisiert. «Es ist eigenwillig, dass diese Debatte geführt wird. Mancher muss sich schon fragen: Warum stellt er die Frage, wo es doch darum geht, den Ukrainern zu helfen», sagte Scholz am Sonntagabend (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz in Santiago de Chile. Es sei jetzt eine seriöse Debatte notwendig und nicht «ein Überbietungswettbewerb (…), bei dem vielleicht innenpolitische Motive statt die Unterstützung der Ukraine im Vordergrund stehen». In einer so wichtigen Frage wie Waffenlieferungen müsse es um die Sache und um rationale Abwägungen gehen, betonte Scholz.
Die Ukraine fordert Kampfjets, die USA haben eine Lieferung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken schloss die Lieferung von Kampfflugzeugen am Sonntag in der ARD nicht grundsätzlich aus.
Ukraine meldet mehrere Tote nach russischem Beschuss von Cherson
Im südukrainischen Cherson wurden derweil nach Behördenangaben drei Menschen durch russischen Beschuss getötet. Sechs weitere seien verletzt worden, teilte die Chersoner Gebietsverwaltung mit. Getroffen wurde demnach unter anderem ein Klinikgebäude. Die Gebietshauptstadt des gleichnamigen Gebiets Cherson, die die ukrainische Armee vor wenigen Monaten zurückerobert hat, wird immer wieder von Russlands Streitkräften heftig beschossen.
Die russischen Besatzer in der benachbarten Region Saporischschja berichteten ihrerseits von vier Toten durch ukrainischen Beschuss. Die Angaben aus dem Kriegsgebiet lassen sich oft schwer unabhängig überprüfen.
Saporischschja gehört neben Cherson, Donezk und Luhansk zu den ukrainischen Gebieten, die Russland in Teilen besetzt hält und im vergangenen Jahr annektiert hat. Darüber hinaus hat sich Moskau bereits 2014 die Schwarzmeer-Halbinsel Krim völkerrechtswidrig einverleibt.
Russische Raketen auf Charkiw
Bei einem Raketenangriff auf die ostukrainische Stadt Charkiw wurde am späten Sonntagabend ein Wohnhaus in der Stadtmitte getroffen. Dabei starb mindestens ein Mensch, drei weitere Bewohner wurden verletzt. Wie der Militärverwalter Oleh Sinegubow mitteilte, suchten Helfer in den Trümmern nach möglichen weiteren Opfern.
Ukraine schadenfroh über Angriff auf iranische Militäranlage
Schadenfroh zeigte man sich in der Ukraine über einen Angriff auf eine Militäranlage im Iran. Kiew hat Teheran in den vergangenen Monaten immer wieder für die Lieferung von Kampfdrohnen an Moskau kritisiert. «Die Logik des Krieges ist unerbittlich und mörderisch», schrieb der Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, auf Twitter. «Und er stellt den Urhebern und Komplizen harte Rechnungen aus. (…) Die Ukraine hat euch gewarnt.»
In der Nacht zu Sonntag war nach einem Bericht der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna eine Munitionsfabrik des Verteidigungsministeriums nahe der Metropole Isfahan mit mehreren kleinen Fluggeräten angegriffen worden. Nach Angaben des iranischen Verteidigungsministeriums handelte es sich um einen militärischen Angriff, bei dem aber niemand verletzt worden sei. Die iranische Regierung kündigte an, ein Expertenteam in die Stadt zu schicken, um die Hintergründe zu untersuchen.
Was am Montag wichtig wird
Die Agrarministerinnen und -minister der EU-Staaten beraten am Montag in Brüssel unter anderem über die Folgen des Kriegs in der Ukraine. (awp/mc/ps)