Selenskyj will Moskaus Rauswurf aus Unesco

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einem Truppenbesuch Ende Mai in der Region Charkiw. (Bild: president.gov.ua)

Kiew – Angesichts der massenhaften Vernichtung von kulturellem Erbe durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat deren Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Nachdruck den Ausschluss Moskaus aus der Unesco gefordert. «Die Unesco ist kein Platz für Barbaren», sagte Selenskyj in seiner Videoansprache am Samstag in Kiew. Die russischen Truppen würden massenhaft Kulturdenkmäler, Kirchen und andere religiösen Stätten zerstören. Das sei Grund genug, dass Land aus der Kultur- und Bildungsorganisation der Vereinten Nationen auszuschliessen, sagte er.

113 Kirchen seien bereits zerstört oder beschädigt worden. Russland sei ein «Terrorstaat», der mit seiner Artillerie das historische Erbe zerstöre. Schon Ende Mai hatte er den Ausschluss Russlands aus der Unesco verlangt.

Ukrainer halten die Stellung
Seit Beginn des Kriegs am 24. Februar habe Russland bereits mehr als 2500 Raketen auf die Ukraine abgefeuert, klagte Selenskyj. «Unsere Helden halten die Stellung und tun alles, um dem Feind maximale Verluste zu verursachen.» Mit Blick auf den Schwerpunkt der Kämpfe im Donbass in der Ostukraine meinte der Staatschef, es werde der Tag kommen, an dem Russland das Gebiet in Ruhe lassen werde. Dafür sei nur der Befehl eines Menschen entscheidend, sagte er, ohne Kremlchef Wladimir Putin in Moskau beim Namen zu nennen.

Selenskyj und der ukrainische Generalstab berichteten von schweren Kämpfen vor allem im Osten der Ukraine. Dort liegt ein Schwerpunkt im Gebiet Luhansk mit dem schwer umkämpften Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk. Die blutigen Strassenkämpfe dauerten an, sagte Selenskyj. Die ukrainischen Streitkräfte wollen weiter verhindern, dass die russischen Truppen dort komplett die Vorherrschaft übernehmen. Fällt die Grossstadt, hätte Russland ein wichtiges Kriegsziel erreicht: die vollständige Kontrolle über das Gebiet Luhansk. Gemeldet wurden auch russische Luftangriffe in der Region.

Erster Bericht über getöteten Deutschen auf ukrainischer Seite
Die Ukraine informierte erstmals offiziell über den Tod eines deutschen freiwilligen Kämpfers bei den Gefechten. Auch drei Freiwillige aus Frankreich, Australien und den Niederlanden seien unter den «gefallenen Waffenbrüdern», teilte die Internationale Legion für die Verteidigung der Ukraine am Samstag in Kiew mit. Die Namen der vier Männer wurden ebenfalls genannt in der Mitteilung, nicht aber der Zeitpunkt und der Ort ihres Todes. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin war zu hören, die Botschaft in Kiew bemühe sich um Aufklärung und stehe «mit den ukrainischen Stellen in Kontakt, die entsprechende Nachrichten verbreitet haben».

Selenskyj hatte Freiwillige aus der ganzen Welt aufgerufen, sich dem Kampf gegen die russische Armee anzuschliessen. Dazu wurde die Legion gegründet, die inzwischen aktiv rekrutiert. Das russische Militär meldet immer wieder die «Vernichtung» von Söldnern, die Zahl der getöteten Ausländer geht nach den Moskauer Angaben in die Tausenden.

Erstmals Leichen ausgetauscht
Die Ukraine und Russland haben nach Behördenangaben aus Kiew der jeweils anderen Seite die Leichen von 160 Soldaten übergeben. Der Austausch sei am 2. Juni entlang der Frontlinie im Gebiet Saporischschja erfolgt, hiess es. Nach ukrainischen Angaben laufen auch weiter Verhandlungen über den Austausch von Kriegsgefangenen auf beiden Seiten. In russischer Gewalt sind Tausende ukrainische Kämpfer, darunter die Verteidiger von Mariupol, die dort im Stahlwerk Azovstal die Stellung gehalten hatten, bis Kiew die Stadt im Mai aufgab.

Russische Region berichtet über Beschuss
In Russland ist nach Angaben der Region Brjansk erneut ein Dorf an der Grenze zur Ukraine von dem Nachbarland aus beschossen worden. Beim Beschuss des Dorfes Slutschewsk sei ein Mann verletzt worden, zwei Wohnhäuser seien in Brand geraten. Das teilte der Gouverneur der Region, Alexander Bogomas, am Samstag in seinem Nachrichtenkanal bei Telegram mit. Er warf den ukrainischen Streitkräften vor, auf das Dorf geschossen zu haben. Der verletzte Einwohner musste demnach in ein Krankenhaus gebracht werden. Die Feuer seien gelöscht worden.

Grosse Holzkirche in Swjatohirsk abgebrannt
Per Videobotschaft warf Selenskyj russischen Streitkräften vor, eine grosse Holzkirche in Swjatohirsk (Swjatogorsk) beschossen und in Brand gesetzt zu haben. Auf Bildern war zu sehen, dass das Bauwerk mit den Zwiebeltürmen lichterloh brannte. Das russische Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe zurück und beschuldigte die ukrainischen Streitkräfte, selbst geschossen zu haben. (awp/mc/ps)

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