Selenskyj wirbt an Jahrestag der russischen Angriffs für Friedensgipfel

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj. (Bild: president.gov.ua)

Kiew – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die internationale Gemeinschaft zu einer breiten Teilnahme an einem Gipfel zu seinem Friedensplan aufgefordert. «Je mehr Länder mitmachen, desto mehr Unterstützung haben wir», sagte Selenskyj bei einer Pressekonferenz zum ersten Jahrestag des Krieges am Freitag in Kiew. An dem Gipfel sollten nicht nur die Partner der Ukraine im Westen teilnehmen, sondern auch die Staaten Lateinamerikas, afrikanische Länder sowie China und Indien, sagte er.

Zu Selenskyjs «ukrainischer Friedensformel» gehören der vollständige Abzug russischer Truppen vom ukrainischen Staatsgebiet, die Freilassung aller Kriegsgefangenen, ein Tribunal gegen russische Kriegsverbrecher sowie Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Aktuell fordert Kiew mehr und bessere Waffen, darunter Panzer, Kampfjets und weiterreichende Raketen; ausserdem Geld zur Finanzierung des Staatshaushaltes sowie eine «neue Diplomatie» mit mehr Druck auf Kriegsgegner Russland.

Lula bringt erneut ‹Friedensclub› im Ukraine-Krieg ins Spiel
Derweil hat der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva seine Idee für eine internationale Vermittlungsinitiative zur Beilegung des Ukraine-Krieges bekräftigt. «In einer Zeit, in der die Menschheit angesichts so vieler Herausforderungen Frieden braucht, jährt sich der Krieg zwischen Russland und der Ukraine zum ersten Mal», schrieb Lula auf Twitter am Freitag. «Es ist dringend notwendig, dass eine Gruppe von Ländern, die nicht in den Konflikt verwickelt sind, die Verantwortung für die Aufnahme von Verhandlungen zur Wiederherstellung des Friedens übernimmt.»

Ukraine braucht 38 Milliarden Dollar für Haushaltsloch
Ministerpräsident Denys Schmyhal sagte in einem Interview der ukrainischen «Forbes»-Ausgabe, die Ukraine rechnet wegen des russischen Angriffskrieges für 2023 mit einem Haushaltsdefizit von etwa 38 Milliarden US-Dollar. Für einen grossen Teil gebe es schon internationale Zusagen. Die fehlenden fünf Milliarden US-Dollar erhoffe man sich als Kredit vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Erste Gespräche mit dem IWF gebe es bereits, wurde Schmyhal am Freitag von der Agentur Interfax Ukraine zitiert.

Die Regierung in Kiew plant in diesem Jahr Gesamtausgaben von 2,64 Billionen Griwna. Zuschüsse und Kredite aus dem Ausland müssen also mehr als die Hälfte der Ausgaben decken. Ein Grosskredit über zehn Milliarden Euro von der Europäischen Union steht fest, die USA geben zehn Milliarden US-Dollar als Zuschuss. Kanada und Norwegen sind weitere Geldgeber. Grösster Haushaltsposten von 1,1 Billionen Griwna (29.4 Milliarden Euro) ist die Verteidigung.

China ruft zu Waffenstillstand in Ukraine auf – Ernüchternde Reaktion
China hat zu einem Waffenstillstand im Krieg gegen die Ukraine aufgerufen. In einem mit Spannung erwarteten Positionspapier, veröffentlicht am Freitag zum Jahrestag der russischen Invasion, wird eine baldige Wiederaufnahme von Verhandlungen gefordert. «Dialog und Verhandlungen sind die einzig machbare Lösung für die Ukraine-Krise.» Die Ukraine lehnte das Papier ab. Diplomaten und Experten reagierten skeptisch und enttäuscht, da das Zwölf-Punkte-Dokument keine neue Initiative erkennen liess. Auch wurde festgehalten, dass China nicht neutral sei und den russischen Angriffskrieg bis heute nicht verurteilt habe. Die Bundesregierung beklagte, dass Pekings Papier «wichtige Elemente» fehlten, etwa ein Rückzug russischer Truppen.

USA sagen Ukraine neue Milliarden-Militärhilfe zu – vor allem Drohnen
Die US-Regierung stellt der Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffskriegs weitere milliardenschwere Militärhilfen zur Verfügung. Das Pentagon kündigte am Freitag anlässlich des ersten Jahrestags des Kriegsbeginns in der Ukraine ein neues Paket im Umfang von 2 Milliarden US-Dollar für Kiew an. Darin enthalten seien zum Beispiel zusätzliche Munition für die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars, Drohnen unter anderem vom Typ Switchblade oder Ausrüstung zur Minenräumung.

Die Militärhilfe kommt dieses Mal nicht aus Beständen des US-Militärs, sondern wird zum Beispiel bei der Rüstungsindustrie bestellt. Schon in der Vergangenheit hat die US-Regierung das bei einigen Militärhilfepaketen so gehandhabt. Die USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion und haben bereits Militärhilfe in zweistelliger Milliardenhöhe zur Verfügung gestellt. Von der Ukraine geforderte Kampfjets des Typs F-16 fanden sich nicht in dem neuen Paket.

EU und Nato bekräftigen Unterstützung für Ukraine
Die EU und Nato haben zum Jahrestag der russischen Invasion ihre Unterstützung für die Ukraine bekräftigt. «Wir werden der Ukraine so lange zur Seite stehen, wie es nötig ist», sagten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag wortgleich bei einem Besuch in Estland. Es liege im eigenen Sicherheitsinteresse des Westens, dafür zu sorgen, dass sich die von Russland angegriffene Ukraine durchsetzt.

«Wir haben in den letzten zwölf Monaten Widerstandsfähigkeit, Einheit und Entschlossenheit gezeigt. Und Präsident Putin kann darauf wetten, dass sich das verdoppeln wird», sagte von der Leyen. Sie betonte, dass der russische Staatschef kein einziges seiner strategischen Ziele erreicht habe: Der Westen sei geeint und stehe fest an der Seite der Ukraine, Russlands Einnahmen aus Energieressourcen seien weggebrochen, und die Ukraine als Volk sei kraftvoller denn je.

«Freiheit gibt es nicht umsonst. Wir müssen jeden Tag dafür kämpfen», sagte Stoltenberg. «Heute ist es das ukrainische Volk, das tapfer für seine Freiheit kämpft.» Deshalb müsse die Ukraine mit dem unterstützt werden, was sie benötige, um gegen Russlands Angriff zu bestehen und sich durchzusetzen. (awp/mc/pg)

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