Sentix: Anleger geschockt – «Stagnation in Eurozone gefährlich nahe»
Frankfurt – Die Stimmung der Anleger mit Blick auf die Eurozone ist nach dem Brexit-Votum stark eingebrochen. Wie das Marktforschungsinstitut Sentix am Montag mitteilte, ist der entsprechende Konjunkturindikator um 12 Punkte auf minus 2 Punkte gefallen. Das ist der niedrigste Wert seit November 2014. «Die Frühjahrserholung in der Eurozone hat eine jähe Unterbrechung erfahren», sagte Sentix-Chef Manfred Hübner. «Damit befindet sich die Euroland-Konjunktur gefährlich nahe einer Stagnation.»
Neben den Konjunkturerwartungen hat sich auch die Bewertung der aktuellen Lage eingetrübt. Der entsprechende Wert sank um 4,25 Punkte auf 5,5 Punkte. Der Gesamtindex ist um 8,2 auf 1,7 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit Januar 2015 gefallen.
Politische Risiken
Nach dem Votum der Briten für einen Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union hatte es an den Finanzmärkten zunächst heftige Reaktionen gegeben. Das britische Pfund und der Euro gingen auf Talfahrt, sichere Anlagen wie Staatsanleihen waren gefragt.
Die daraufhin eingesetzte leichte Erholung seit knapp einer Woche gehe aber nicht gleichermassen mit einer Entspannung der konjunkturellen Lage einher, sagt Hübner. «Die entfachten politischen Risiken stellen eine Belastung dar und es muss sich erst noch erweisen, ob die Eurozone robust genug ist, diesen Schock schnell zu verdauen.» Diese gelte auch angesichts gestiegener Zweifel am Zusammenhalt der EU.
Hohe Erwartungen an Geldpolitik
Nach dem Brexit-Schock haben die Anleger hohe Erwartungen an die Geldpolitik. Der entsprechende Index ist laut Sentix von 15 auf 30,5 Punkte gestiegen und damit auf den höchsten Wert seit März 2015. Damals hatte die Europäische Zentralbank damit begonnen, zur Stützung der Konjunktur im Milliardenumfang Wertpapiere aufzukaufen.
Auch mit Blick auf die USA und Japan rechnen die Anleger mit einem Dämpfer, wenn auch weniger stark als in der Eurozone. «Die US-Notenbank Fed dürfte in diesem Umfeld Ende Juli von einer Zinserhöhung absehen, zumindest wäre dies eine aus Anlegersicht verfehlte Entscheidung», sagte Hübner.
«Weltwirtschaftlicher Motor stottert»
Positiv entwickelte sich die Stimmung dagegen in Lateinamerika, wo sich laut Sentix die Erholung des brasilianischen Real bemerkbar macht. Auch das asiatische Festland zeige sich relativ stabil. Der globale Gesamtindex ist dennoch um 2,4 Punkte auf 4,3 Punkte gesunken. «Der weltwirtschaftliche Motor stottert damit auch im Juli», sagt Hübner. (awp/mc/ps)