London / Amsterdam – Steigende Preise haben dem Öl- und Gasmulti Shell 2017 zu einem dicken Gewinnplus verholfen. Dennoch konnten die Briten ihre Barmittel nicht in dem Masse aufmöbeln, wie gehofft. Das sorgte an der Börse für eine gewisse Enttäuschung, weil Investoren auf einen Aktienrückkauf spekulierten: Die Papiere knickten zu Handelsbeginn um rund 5 Prozent ein, erholte sich zuletzt der Kurs aber auf ein Minus von rund 1 Prozent.
Shell hatte seinen um Sonder- und Ölpreiseffekte bereinigten Gewinn im vergangenen Jahr um 119 Prozent auf rund 16 Milliarden Dollar gesteigert. Experten hatten mit etwas weniger gerechnet. Unter dem Strich konnte der Konzern seinen Überschuss sogar nahezu verdreifachen. Dabei lieferte das Schlussquartal das beste Ergebnis seit drei Jahren, allerdings ging der Mittelzufluss – eine für die Branche wichtige Kennzahl – im letzten Jahresviertel um rund ein Fünftel auf knapp 7,3 Milliarden Dollar zurück. Das war das niedrigste Niveau seit 2016.
Mittelzufluss enttäuscht Anleger
Auch Analysten reagierten enttäuscht: Der Konzern habe seine starken Ergebnisse nicht in einen entsprechenden Cashflow umgemünzt, bemängelte RBC Capital Analyst Biraj Borkhataria. Damit könnten Hoffnungen von Investoren auf einen Aktienrückkaufprogramm einen Dämpfer erhalten. Diese sollen für 2017 mit einer stabilen Jahresdividende von 1,88 Dollar beteiligt werden. Erst kürzlich hatte Shell als ein Zeichen seiner neu gewonnenen Stärke das Ende der Gewinnbeteiligung in Form von Anteilen (Scrip Dividende) angekündigt. Sie wird fortan wieder in bar ausgezahlt.
Shell hat wie andere Konkurrenten der Ölbranche auch einen der schwersten Abschwünge für die Branche hinter sich. Die Konzerne antworteten mit einem Stellenabbau und dampften teure Projekte ein, um die Kosten zu senken. 2017 sei ein Jahr des Umbaus gewesen, betonte Konzernchef Ben van Beurden. Doch Shell habe gezeigt, das der Konzern leisten könne, was für ein «Weltklasse-Investment» nötig sei.
Schuldenabbau
Bei Shell geht es vor allem um den Abbau eines hohen Schuldenbergs, der nach dem Kauf der BG Group auf rund 80 Milliarden Dollar angewachsen war. Konzernchef Ben Van Beurden kann zwar für sich reklamieren, einen Schritt in die richtige Richtung gemacht zu haben. Im vergangenen Jahr sanken die Schulden um rund 8 Milliarden Dollar. Zum Jahresende 2017 sass der Konzern damit aber immer noch auf rund 65 Milliarden Dollar an Verpflichtungen. Van Beurden betonte, der Konzern bleibe auch 2018 seinen Zielen verpflichtet, starke Mittelzuflüsse und Ergebnisse zu erwirtschaften. Bis zum Ende der Dekade will Shell dann rund 25 bis 30 Milliarden Dollar an freien Mitteln zur Verfügung haben.
Erklärtes Ziel von Van Beurden ist es, Shell zum erfolgreichsten Konzern der Branche zu machen und den amerikanischen Rivalen Exxon zu überholen. Die Amerikaner legen an diesem Freitag ihre Zahlen vor. (awp/mc/ps)