Shell-CEO Ben van Beurden. (Foto: Shell)
London – Der britisch-niederländische Energiekonzern Shell will den britischen Gasförderer BG Group übernehmen. 47 Milliarden Pfund (64 Mrd Euro) in bar und in Aktien legt Shell dafür auf den Tisch, wie beide Unternehmen am Mittwoch mitteilten.
«Wir gehen davon aus, dass das Geschäft Anfang 2016 perfekt gemacht werden kann», sagte Andrew Gould, Chairman der BG Group mit Sitz im britischen Reading, westlich von London. Shell will sich gemeinsam mit dem Partner künftig vor allem auf die Stärken bei Tiefseebohrungen und beim Flüssiggas LNG konzentrieren. «Wir werden das Unternehmen auf eine kleinere Zahl von Operationen, dafür aber grösseren Ausmasses fokussieren», sagte der Shell-Vorstandsvorsitzende Ben van Beurden.
Grösster Zukauf für Shell seit Fusion der beiden Länderzweige
Für Shell wäre es der grösste Zukauf seit der Fusion des niederländischen und des britischen Zweiges im Jahr 2005. Mit der Übernahme würden der grösste und der drittgrösste Gasproduzent Grossbritanniens zusammengehen. Shell ist zuversichtlich, dass die Wettbewerbsbehörden die Fusion abnicken: Man erwarte keine grossen Probleme, hiess es.
Die Ankündigung der Megafusion trieb auf den Aktienmärkten fast die gesamte Branche an. BG-Aktien schnellten um 36 Prozent in die Höhe. Tullow Oil legten um mehr als acht Prozent, Shells britischer Konkurrent BP um gut zwei Prozent zu. Die Aktien von Shell selbst fielen leicht. Die Analysten der französischen Bank Societe Generale sehen den Sektor der Erdöl- und Erdgasförderer von Übernahmespekulationen angetrieben. Der Enthusiasmus über eine mögliche Konsolidierung des Sektors sei aber schon oft nicht den Erwartungen gerecht geworden, warnten Analysten.
Shell unter Zugzwang
Shell steht wegen des Verfalls des Ölpreises massiv unter Druck. Das Unternehmen hat im abgelaufenen Geschäftsjahr die Investitionen weltweit deutlich zurückgeschraubt. In den nächsten drei Jahren will der Konzern auf ursprünglich geplante Investitionen in Höhe von 15 Milliarden Dollar verzichten. Allein im vergangenen Jahr seien Firmenwerte in gleicher Grössenordnung verkauft worden.
Auch aus einem anderen Grund komme die Fusion komme nicht überraschend, schrieb Analyst Michael Romer von der Bank J. Safra Sarasin. So hätten sich durch den gesunkenen Ölpreis und dem damit verbundenen Kursrückgang der Aktien in der Branche attraktive Kaufgelegenheiten ergeben. BG regelmässig als Übernahmekandidat im Gespräch gewesen.
Milliardenabschreiber bei der BG Group
Die Briten hatten im vierten Quartal fünf Milliarden US-Dollar abschreiben müssen – so viel wie noch nie. Das lag vor allem daran, dass Vermögensgegenstände in Australien wegen des Verfalls der Rohstoffpreise deutlich an Wert verloren hatten. Bei BG war erst vor zwei Monaten Helge Lund auf den Chefsessel gerückt. Er war zuvor in gleicher Position beim norwegischen Ölkonzern Statoil tätig gewesen. (awp/mc/pg)