Als die ersten Videos auftauchten, hielt man sie für gekauft. Doch die Liebe der Gastarbeiter ist echt: zum Fussball Brasiliens, Deutschlands und vor allem Argentiniens.
Aamir Kandy hat nicht viel Zeit. Gleich spielt seine grosse Liebe: die argentinische Nationalmannschaft. Kandy, hellblau-weisses Trikot, auf dem hinten gross sein Vorname steht, rennt über den Platz vor der Leinwand am Fanfestival in Doha. Kandy kommt aus dem indischen Kerala, er sagt: «Wie alle dort liebe ich den Fussball.» Er hat noch gut eine Stunde bis zum Spiel Argentinien gegen Polen, dem entscheidenden Vorrundenspiel.
In der Metro, goldene Linie, drängten sich eben noch die Fans aus Argentinien auf dem Weg ins Stadion 974 in Doha. «Vamos, vamos, Argentina!» sangen sie, und dass Maradona eindeutig besser gewesen sei, und Messi besser ist als der Brasilianer Pelé. Dabei trommelten sie gegen die Wände der Metrowaggons. Auch ein paar Arbeitsmigranten mischten sich unter. Aber die meisten von ihnen gehen nichts ins Stadion 974, sie schauen wie Aamir Kandy auf dem Fanfestival, ein paar Kilometer den Strand hinunter.
Hunderte Messis stehen um Kandy herum. Egal, in welchem Stadion man ist, egal, wohin man fährt: Überall sind Gastarbeiter aus Indien, Nepal, Bangladesch in Trikots von vor allem Brasilien und Argentinien. Auch viele in Deutschlandtrikots sieht man, sie tragen sie noch, während in Deutschland das WM-Merchandise längst verramscht wird. Die Katarer schauen Fussball lieber unter sich, zu Hause im Stillen. Die Gastarbeiter schauen gemeinsam, zu vielen. Und sie sind sehr viele, mehr als zwei Millionen inzwischen. Wer aktuell in Doha unterwegs ist, sieht: Sie machen diese WM zu ihrer WM.