München – Der Elektrokonzern Siemens hat im dritten Quartal deutlich weniger Aufträge herein bekommen als im Vorjahr. Verantwortlich waren erhebliche Rückgänge im neu formierten Windgeschäft Siemens Gamesa und in der Stromerzeugungssparte Power and Gas, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Umsatz und Gewinn konnten im Quartal zwischen April und Ende Juni hingegen zulegen. Die Jahresprognose wurde bekräftigt. Vorbörslich gab die Aktie knapp ein Prozent nach.
Der Umsatz wuchs um 8 Prozent auf 21,4 Milliarden Euro, auch dank der Erstkonsolidierung von Siemens Gamesa. Vergleichbar – also bereinigt um Währungs- und Zu- und Verkäufe stieg der Umsatz um 3 Prozent. Deutlich zurück ging der Auftragseingang – um 6 Prozent auf 19,8 Milliarden Euro. Das Ergebnis im industriellen Geschäft verbesserte sich um 3 Prozent auf 2,25 Milliarden Euro. Die Marge im Industriegeschäft ging allerdings wegen Belastungen im Zuge der Übernahme von Mentor Graphics sowie des Zusammenschlusses des Windgeschäfts mit der spanischen Gamesa zurück. Die Abschreibungen stiegen vor allem in diesem Zusammenhang um 161 auf 339 Millionen Euro. Unter dem Strich verdiente Siemens mit knapp 1,5 Milliarden Euro 7 Prozent mehr als im Vorjahr. Hier hatten Analysten mit einem leichten Rückgang gerechnet.
Geschäft mit Stromerzeugung schwach
Die Sparte Power and Gas, in der unter anderem das Geschäft mit Turbinen gebündelt ist, verzeichnete eine schwaches Quartal. Der Auftragseingang brach um 41 Prozent ein, die Umsätze sanken um 12 Prozent. Das Geschäft leidet unter Überkapazitäten und Preisdruck. Höhere Restrukturierungskosten drückten das Ergebnis zusätzlich, welches um 23 Prozent abnahm. Restrukturierungskosten belasteten auch das Windenergiegeschäft von Siemens Gamesa.
Positiv entwickelte sich hingegen der Bereich Digitale Fabrik, der Auftrageingang, Umsatz und Ergebnis im zweistelligen Prozentbereich steigern konnte. Integrationskosten für die Übernahme von Mentor Graphics von 77 Millionen Euro und Investitionen in die Plattform Mindsphere bremsten jedoch das Ergebniswachstum. Ebenfalls gut lief das Zuggeschäft, das Auftragseingang, Umsatz und Ergebnis verbessern konnte. Um die Sparte ranken sich Spekulationen um eine Konsolidierung und eine mögliche Allianz mit dem kanadischen Zughersteller Bombardier .
IPO von Medizintechnik im kommenden Jahr
Eine Entscheidung gibt es inzwischen für die Medizintechnik: Das Geschäft soll im ersten Halbjahr 2018 an die Börse gebracht werden. Siemens hatte Ende vergangenen Jahres angekündigt, eine Börsennotierung für das Geschäft anzustreben. Wie und wann diese erfolgen solle, war bislang noch offen.
Neben der Option eines IPO-Verfahrens hätte Siemens die Anteile über eine Abspaltung (Spin-Off) einfach an die Aktionäre geben können. So hatte Siemens das zum Beispiel bei Osram gemacht. Finanzchef Ralf Thomas nannte den Börsengang die beste Option. An welcher Börse die Aktie künftig gelistet sein wird, in Deutschland oder doch den USA, ist noch nicht entschieden. Das unter dem Kunstnahmen Healthineers laufende Geschäft konnte Umsatz, Auftragseingang und Ergebnis im dritten Quartal leicht steigern.
Prognose bekräftigt
Die Jahresprognose bekräftigte Siemens. Die Marge der Industriegeschäfte soll weiter zwischen 11 und 12 Prozent landen, das Ergebnis je Aktie innerhalb einer Bandbreite von 7,20 Euro bis 7,70 Euro liegen, was einem Konzerngewinn von bis zu 6,5 Milliarden Euro entsprechen würde. Der Umsatz soll aus eigener Kraft leicht wachsen. Im vierten Quartal dürfte sich auch die Auftragslage entspannen. Siemens erwarte für das Schlussquartal wieder einen «guten» Auftragseingang, sagte Finanzchef Thomas. Siemens Gamesa etwa habe zuletzt wieder einen deutlichen Anstieg von Grossprojekten verzeichnet, sagte Vorstandschef Joe Kaeser. Zuletzt schwächere Geschäfte dürften jedoch weiter schwächeln. So erwartet Thomas für Power and Gas im vierten Quartal einen Umsatz deutlich unter Vorjahr mit entsprechend negativen Auswirkungen auf das Ergebnis.
Wie Siemens weiter mitteilte, wurde Kaesers 2018 auslaufender Vertrag vorzeitig um zweieinhalb Jahre bis 2021 verlängert. Damit will Siemens sicherstellen, dass Kaeser die 2014 implementierte mittelfristige strategische Neuausrichtung bis 2020 auch zu Ende bringen kann. (awp/mc/upd/ps)