Siemens-CFO Joe Kaeser.
München – Siemens rechnet nach einem starken Jahresstart mit einem geringeren Zuwachs in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres. Im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres hat der Münchner Elektroriese voraussichtlich bei Umsatz und Gewinn deutlich zugelegt.
«Wie erwartet haben wir im zweiten Quartal erneut ein robustes Wachstum gezeigt. Ich gehe aber davon aus, dass sich das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte beruhigen wird», sagte Finanzvorstand Joe Kaeser am Dienstag bei einer Analysten-Konferenz. Insgesamt rechne er trotz der Krise in Libyen oder der Katastrophen in Japan weiter mit einer guten wirtschaftlichen Entwicklung weltweit.
Pralle Auftragsbücher
Der Umsatz dürfte der aktuellen Einschätzung zufolge über dem Wert des Vorjahresquartals von rund 16,5 Milliarden Euro liegen. Nach Steuern werde der Gewinn voraussichtlich ebenfalls den Vorjahreswert von rund 1,4 Milliarden Euro übersteigen, die Rekordmarke des ersten Quartals von knapp 1,9 Milliarden Euro aber verfehlen, sagte Kaeser. Die Auftragsbücher des Konzerns sind prall gefüllt. Allerdings sind in die Gewinnprognose die erwarteten Einnahmen aus der Trennung von der Beteiligung am Gemeinschaftsunternehmen mit dem französischen Atomkonzern Areva noch nicht eingerechnet. Vom Ende der Zusammenarbeit mit den Franzosen erwarteten sich die Münchner einen «deutlich positiven Ergebnisbeitrag», sagte Kaeser. Gutachter hatten den Wert der Siemens-Anteile an dem Joint-Venture auf rund 1,62 Milliarden Euro beziffert.
Osram soll an die Börse
Siemens hatte sich nach den Umbauten der vergangenen Jahre erneut grosse Veränderungen verordnet und will unter anderem das Lichtgeschäft Osram an die Börse bringen. Dazu will der Konzern einen neuen Sektor schaffen, der unter dem Namen «Infrastruktur & Städte» Lösungen für die weltweit stark wachsenden Städte erarbeiten soll. Die Sparte wird künftig 81.000 Mitarbeiter beschäftigen und einen Umsatz von 16,5 Milliarden Euro erreichen.
«Städte wichtiger Wachstumsmarkt der Zukunft»
Siemens hat sich für seinen neuen Sektor ein schnelleres Wachstum als der Wettbewerb vorgenommen und setzt dabei auch auf steigende Aufträge von der öffentlichen Hand. «Städte sind ein wichtiger Wachstumsmarkt der Zukunft», sagte der künftige Chef des neuen Siemens-Sektors «Infrastruktur und Städte», Roland Busch, bei der Hannover Messe. Der neue Sektor soll ab dem neuen Geschäftsjahr im Oktober vor allem das rasch wachsende Geschäft mit den Riesenstädten der Welt bündeln – von der U-Bahn über intelligente Stromnetze bis zur Gebäudetechnik. Laut Siemens ein Markt mit einer Grösse von 300 Milliarden Euro jährlich. Darin entwickelten sich die Ausgaben der öffentlichen Hand besonders schnell, sagte Busch. Bis 2015 erreiche er ein Volumen von 100 Milliarden Euro, nach 80 Milliarden zum heutigen Stand.
Vergleich mit Wettbewerbern
Um den eigenen Erfolg zu messen, solle ein Vergleich mit den Wettbewerbern erstellt werden. Dazu gehören Unternehmen wie die französische Schneider Electric, ABB, Alstom oder chinesische Wettbewerber. Diesen Konkurrenten will Siemens Marktanteile abjagen. Genaue Planzahlen wollte Busch noch nicht nennen.
Stromversorgung mit «Smart Grids»
Der neue Sektor habe den passenden Zuschnitt und keine grossen Portfoliolücken, sagte Busch. «Der Sektor ist so, wie er sein muss.» Als ehemaliger Strategiechef des Konzerns hatte Busch am Zuschnitt mitgearbeitet. Als Beispiel aus dem künftigen Portfolio zeigte Siemens das Modell eines mehrstöckigen Hauses, das mit einem intelligentem Stromnetz, einem «Smart Grid» verbunden ist. Das Gebäude soll Energie in Phasen billigen Stroms speichern, um bei anziehenden Preisen die Energie wieder zu verbrauchen oder gar zurück ins Netz zu speisen. (awp/mc/upd/ps)