München – Der Elektrokonzern Siemens ist durchwachsen in das neue Geschäftsjahr gestartet. Starken Auftragseingängen standen im ersten Quartal sinkende Gewinne gegenüber. Anhaltende Ergebnisrückgänge im Kraftwerksgeschäft belasteten dabei ebenso wie sinkende Gewinne im Energiemanagement.
Siemens-Chef Joe Kaeser sprach von einem «gemischten Bild», das Siemens im ersten Quartal abgegeben habe. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebita) im Industriegeschäft sank in den drei Monaten per Ende Dezember im Jahresvergleich um 6 Prozent auf knapp 2,1 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Mittwoch in München mitteilte. Dies war etwas weniger als Analysten erwartet hatten. Auch Kaeser räumte ein, das Ergebnis sei «eher am unteren Rand unserer Planungen» ausgefallen. Die Aktie verlor daher am Vormittag in einem etwas schwächeren Marktumfeld mehr als 1 Prozent.
Das schwächelnde Kraftwerksgeschäft leidet weiter unter sinkenden Gewinnen, die Marge verschlechterte sich nochmals deutlich und liegt mit 4,2 Prozent weit unter dem Zielkorridor von 11 bis 15 Prozent. Siemens will mit Einsparungen und einem breiten Stellenabbau auf den weiter durch Überkapazitäten und Preisdruck geprägten Markt reagieren.
Aber auch das Energiemanagement schnitt im Quartal schwach ab. So kämpfte Siemens mit Problemen bei Projekten zur Netzsteuerung. Auch die mittlerweile unabhängigen Töchter Siemens Gamesa und Siemens Healthineers hatten schwächer abgeschnitten als erwartet. Beide Unternehmen hatten schon am Vortag Zahlen vorgelegt. Einzig das Geschäft mit der Digitalisierung konnte seine Gewinne steigern. Die Nachfrage nach Automatisierungslösungen bleibt weiter hoch.
Auch unter dem Strich verdiente Siemens deutlich weniger. Netto verblieben gut eine Milliarde Euro und damit die Hälfte weniger als ein Jahr zuvor. Allerdings hatten die Münchner im Vorjahr von Sondergewinnen aus dem Verkauf der restlichen Osram -Anteile sowie von einem Sonderertrag im Zusammenhang mit der US-Steuerreform profitiert.
Starkes Neugeschäft
Ein Lichtblick war dagegen das Neugeschäft. Vor allem dank einer starken Entwicklung in der Zugsparte stiegen die Auftragseingänge um 12 Prozent auf fast 25,2 Milliarden Euro – deutlich mehr, als Analysten erwartet hatten. Aber auch das Kraftwerksgeschäft konnte wieder mehr Aufträge einwerben. Mit dem Auftragswachstum sieht sich der Siemens-Chef auch für einen möglichen wirtschaftlichen Abschwung gerüstet. Die Jahresprognose bekräftigte Siemens.
Ansonsten stand das erste Quartal im Zeichen der Neuaufstellung. Hier liege man zeitlich etwas vor den Planungen, so Kaeser. Der Vorstandschef will Geschäfte zusammenlegen und sich künftig auf drei operative Bereiche mit Schwerpunkt auf die Digitalisierung konzentrieren. So soll mittelfristig das Wachstum angekurbelt und die Profitabilität weiter gesteigert werden. Den einzelnen Geschäften soll künftig ebenfalls mehr unternehmerische Freiheit unter der Marke Siemens gegeben werden. Zum 1. April soll die neue Struktur starten.
In der Schwebe steht dagegen die Fusion des Zuggeschäfts mit dem französischen Alstom-Konzern . Die Teams hätten ein «sehr ausgewogenes Konzept» vorgelegt, sagte der Manager. Nun müssten die Wettbewerbsbehörden entscheiden. Es sei für alle Beteiligten gut, wenn die Fusion gelänge. «Wir werden sie aber nicht um jeden Preis suchen», sagte Kaeser.
Die eigene Zugsparte sei wettbewerbsfähig. Und Siemens habe Optionen. Die EU-Kommission steht der geplanten Fusion äusserst kritisch gegenüber. Siemens und Alstom hatten Ende vergangener Woche ihre Zugeständnisse nochmals angepasst, um ihr Vorhaben doch noch durchzubringen. Inhaltlich gab es jedoch keine neuen Zusagen. Allerdings verlautete aus Brüsseler Kreisen, dass dies der Wettbewerbsbehörde wohl nicht ausreicht. (awp/mc/ps)