München – Der Elektrokonzern Siemens will wegen der Probleme in der Kraftwerks- und in der Antriebssparte weltweit rund 6’900 Jobs streichen, davon etwa die Hälfte in Deutschland. Die Schweiz wird kaum betroffen sein, wie das Unternehmen auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda am Donnerstag sagte. In den betroffenen Divisionen hat Siemens in der Schweiz keine Produktionsstätten.
Zwei Standorte im sächsischen Görlitz und in Leipzig mit zusammen 920 Arbeitsplätzen sollen geschlossen werden. Dies teilte das Unternehmen am Donnerstag in München mit. An der Börse war die Reaktion der im Dax notierten Aktie freundlich verhalten. Sie legte zuletzt um 0,7 Prozent zu.
Durch die geplante Zusammenlegung des in Erlangen und Offenbach angesiedelten Geschäfts rund um Planung und Bau von Kraftwerken dürfte auch der Standort Offenbach mit etwa 700 Beschäftigten vor dem Aus stehen. Für ein Werk in Erfurt prüft Siemens zudem mehrere Optionen, darunter auch einen Verkauf.
Die Massnahmen sollten möglichst sozialverträglich umgesetzt werden, hiess es. «Die Energieerzeugungsbranche befindet sich in einem Umbruch, der in Umfang und Geschwindigkeit so noch nie da gewesen ist», erklärte Siemens-Vorstand Lisa Davis. Der Ausbau der erneuerbaren Energien setze andere Formen der Energieerzeugung zunehmend unter Druck. «Die jetzigen Massnahmen knüpfen an unsere Anstrengungen an, die wir bereits vor drei Jahren gestartet haben, um unser Geschäft an die sich verändernden Marktbedingungen anzupassen.»
Die IG Metall reagierte empört auf die Pläne. Gewerkschaftsvorstand und Siemens-Aufsichtsrat Jürgen Kerner lehnte sie als «breit angelegten Angriff auf die Arbeitnehmerseite» ab und kündigte harten Widerstand an: «Ein Stellenabbau in dieser Grössenordnung ist angesichts der hervorragenden Gesamtsituation des Unternehmens völlig inakzeptabel. Er kommt aus Sicht der IG Metall nicht einmal als ernsthafte Diskussionsgrundlage in Betracht.» Die Probleme der betroffenen Bereiche seien seit Jahren abzusehen gewesen. Siemens habe Stellen abgebaut, aber die strukturellen Probleme ignoriert.
Schon seit längerem wird Siemens in der Kraftwerkssparte mit weltweit rund 46 800 Beschäftigten vor allem seine grossen Gasturbinen in Deutschland und Europa nicht mehr los. Das sorgt für Preisverfall und Überkapazitäten. Das Geschäftsfeld Prozessindustrie und Antriebe mit zuletzt 44 800 Mitarbeitern weltweit bietet etwa Getriebe, Motoren, Antriebe und Kupplungen für die Öl-, Gas- und Bergbauindustrie an. Es ist damit auch stark von den Rohstoffpreisen abhängig. In beiden Sparten hatte Konzernchef Joe Kaeser bereits Jobs gekappt.
Schon vor der Bekanntgabe der Kürzungspläne hatte die Siemens-Führung auch betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen. Die IG Metall sieht darin einen Bruch der bei Siemens geltenden Vereinbarung zur Standort- und Beschäftigungssicherung. Sie hatte deshalb massiven Widerstand gegen die Pläne angekündigt. (awp/mc/ps)