München – Der Elektrokonzern Siemens kann weiter auf einen guten Lauf in vielen seiner Geschäfte bauen. Das Management um Vorstandschef Joe Kaeser konnte nach dem zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres (Ende September) einen erneut anziehenden Auftragseingang und steigende Margen in vielen Sparten vermelden. Daher traut sich das Unternehmen auch zu, die Integrationskosten für die milliardenschwere Übernahme des Softwareherstellers Mentor Graphics sowie das mit Gamesa zusammengelegte Windkraftgeschäft zu schultern, ohne Abstriche bei der Prognose zu machen.
Die Integration könnte im Gesamtjahr bis zu einen halben Prozentpunkt bei der operativen Marge kosten, sagte Finanzchef Ralf Thomas am Donnerstag in München. Beim Konzerngewinn je Aktie könnte das bis zu 60 Cent ausmachen. Die Marge der Industriegeschäfte soll aber weiter zwischen 11 und 12 Prozent landen, der Konzerngewinn bis zu 6,5 Milliarden Euro betragen – obwohl bis zu gut 500 Millionen Euro für die zuletzt abgeschlossenen Deals anfallen könnten.
Aktie verhalten
Den Optimismus zieht der Industrieriese aus den Zahlen zum zweiten Geschäftsquartal, die teils bedeutend besser ausfielen als von Analysten erwartet. Insbesondere mit dem Auftragseingang konnte Siemens punkten: Vor einem Jahr hatte ein Riesenauftrag für Kraftwerke in Ägypten die Bestellungen in die Höhe getrieben, aber auch ohne diesen konnte der Dax-Konzern rund 2 Prozent mehr Aufträge einwerben. Der Umsatz kletterte um 6 Prozent auf 20,2 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis im Industriegeschäft stieg gar um 18 Prozent auf 2,49 Milliarden Euro.
Das war unerwartet viel, die entsprechende Marge zog um 1,2 Prozentpunkte auf 12,1 Prozent an. Siemens verbuchte jedoch für die Neubewertung von ausländischen Pensionsplänen in vielen Sparten einen Sonderertrag von insgesamt 138 Millionen Euro. UBS-Analyst Markus Mittermaier errechnete, dass die Marge ohne das Extraplus wie erwartet ausgefallen wäre. Bei Anlegern blieb die Euphorie begrenzt. Am Mittag gewann die Aktie nach anfänglichen Verlusten zuletzt 0,23 Prozent. Das Papier war jüngst gut gelaufen.
China und Deutschland laufen gut – Gewinn stabil
Acht von neun Sparten hätten die Margen erzielt, die sich Siemens von ihnen verspricht, sagte Finanzchef Thomas. Gut liefen vor allem die Industrieautomatisierung in China und Deutschland. Unter dem Strich stand ein für die Aktionäre verbleibender Gewinn von 1,45 Milliarden Euro. Das war wegen höherer Steueraufwendungen als vor einem Jahr nur ein kleines Plus von 0,4 Prozent.
Thomas warb nach den Spekulationen um eine Zugfusion mit dem kanadischen Bombardier -Konzern bei den Wettbewerbswächtern für einen Blick über den Tellerrand. «Ich glaube, dass die Kartellbehörden sich den weltweiten Wettbewerb in der Branche ansehen sollten», sagte er dem Finanzsender Bloomberg TV. In China hatten sich die beiden grössten chinesischen Zughersteller zum neuen Giganten CRRC zusammengeschlossen.
Finanzchef: Konsolidierung in Zugindustrie im Gang
Es sei klar, dass der dadurch angestossene Konsolidierungsprozess zwangsläufig nicht an dieser Stelle stehen bleiben könne, sagte Thomas in einer Telefonkonferenz. Siemens und Bombardier werden ebenfalls bereits weit gediehene Gespräche zur Zusammenlegung ihrer Zugsparten nachgesagt, was Thomas nicht kommentieren wollte. Der Markt in Europa wird bisher von nur drei Anbietern beherrscht.
Keine Details wollte das Siemens-Management zur angedachten Börsennotierung der ertragsstarken Medizintechnik verlautbaren. Über Zeitpunkt und Ausgestaltung sei noch nicht entschieden, sagte Thomas. An dem Geschäft will Siemens nach früheren Angaben die Kontrolle behalten. Spekuliert wird wegen der hohen Bewertung von Technologieunternehmen an den US-Börsen über eine Notierung in den USA. (awp/mc/upd/ps)