Tokio – Der Bilanzskandal beim Kamerahersteller Olympus schürt bei Investoren die Sorge um die Zukunft des Unternehmens. Der Sturzflug der Aktie wurde am Mittwoch erneut nur durch einen automatischen Handelsstopp gebremst. Am Ende verlor das Papier weitere 20,44 Prozent auf 584 Yen. Damit haben sich seit Beginn der Affäre Mitte Oktober mehr als drei Viertel des Firmenwerts in Luft aufgelöst.
Bei grossen Olympus-Aktionären, die in den vergangenen Wochen auf eine Aufklärung gedrängt hatten und jetzt den Wert ihrer Anteile schwinden sehen, werden Forderungen nach einem Neuanfang laut. So stört sich der zweitgrösste Aktionär, die amerikanische Investment-Firma Southeastern Asset Management, daran, dass Firmenpatriarch Tsuyoshi Kikukawa weiter im Verwaltungsrat sitzt, obwohl er in den Bilanzskandal verwickelt sein soll. «Solange Kikukawa da ist, übt er immer noch massiven Einfluss aus», betonte ein Sprecher des US-Investors in der «New York Times».
Probleme könnte auf operatives Geschäft durchschlagen
Southeastern hält fünf Prozent der Olympus-Aktien und macht sich Sorgen, dass der Skandal auf das bisher robuste operative Geschäft durchschlagen könnte. Und Probleme bei Olympus wären im Geschäft mit Medizintechnik weit über die Grenzen Japans hinaus spürbar: Schliesslich halte die Firma zum Beispiel 70 Prozent des Weltmarkts für flexible Endoskope, wie der Sprecher des Investors betonte.
Investment-Verluste bei Übernahmen versteckt
Olympus hatte am Dienstag nach wochenlangen Dementis einen grossen Bilanzbetrug zugegeben. Bei mindestens vier Übernahmen wurden noch aus den 90er Jahren durchgeschleppte Investment-Verluste versteckt, wie der neue Chef Shuichi Takayama einräumte. Bei drei Deals war demnach der Preis überhöht. Im prominentesten Fall, der Übernahme des britischen Medizintechnik-Spezialisten Gyrus, wurde ein Betrag von fast 600 Millionen Dollar als Zahlung an einen Finanzberater abgesetzt. Im Wirklichkeit wurden damit wohl nur die alten Verluste schliesslich durch die Bücher geschleust.
Höhe der Verluste noch nicht beziffert
Wie hoch die verheimlichten Verluste insgesamt waren, wie sie entstanden, und ob eventuell noch andere böse Überraschungen möglich sind – eine Antwort auf alle diese Fragen blieb Olympus zunächst schuldig. Unklar bleibt auch, wie es gelingen konnte, die Verluste trotz regelmässiger externer Prüfungen jahrelang zu verstecken. Der grösste Aktionär, der japanische Versicherungsriese Nippon Life, der 8,3 Prozent an dem Unternehmen hält, forderte deshalb abermals eine lückenlose Aufklärung der Affäre. (awp/mc/pg)