Luis de Guindos, neuer spanischer Finanzminister.
Madrid – Die süffisanten Kommentare kamen prompt. Ausgerechnet ein Mann, der für die zusammengebrochene Bank Lehman Brothers gearbeitet hatte, soll Spanien aus der Krise führen. Luis de Guindos, einst Chef der Niederlassung des US-Geldinstituts in Spanien, wurde vom konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zum Wirtschaftsminister ernannt. «Ich wünsche ihm als Minister mehr Glück und Erfolg, als er bei seiner früheren Tätigkeit hatte», witzelte der Sozialist Marcelino Iglesias.
Dabei kann man De Guindos nicht die Schuld dafür geben, dass das Mutterhaus der Bank in den USA zusammenbrach und die Finanzkrise 2008 auslöste. Der neue Minister ist ein anerkannter Experte, der Rajoy in den vergangenen Jahren in die Geheimnisse der Volkswirtschaft einweihte und nun das Land aus der schweren Rise mit hoher Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung führen soll. Der 51-Jährige spricht, anders als der Regierungschef, fliessend Englisch und hat gute Kontakte zur Geschäftswelt der Londoner City. Er gilt als ein liberaler Technokrat und gehört nicht der konservativen Volkspartei (PP) an.
Soraya Sáenz de Santamaría alleinige Vizeregierungschefin
Den einflussreichsten Ministerposten in Rajoys Kabinett besetzt eine Frau. Soraya Sáenz de Santamaría wurde zur alleinigen Vizeregierungschefin ernannt. Bisher hatte der spanische Ministerpräsident drei Stellvertreter gehabt. Die 40-jährige Juristin, die im November kurz vor der Parlamentswahl einen Sohn zur Welt brachte, wird die Arbeit der Regierung koordinieren und als Sprecherin nach aussen vertreten.
Die frühere Staatsanwältin hatte eigentlich nur durch Zufall zur Politik gefunden. Sie war einst von einem Mitarbeiter Rajoys in León im Norden des Landes entdeckt worden, mit dem Überlandbus nach Madrid geschickt und in den Stab des heutigen Regierungschefs aufgenommen worden. Bis dahin habe die hyperaktive und ehrgeizige Juristin bei Wahlen für die Sozialisten gestimmt, mutmasst die spanische Presse. Sie machte bei den Konservativen im Schatten Rajoys Karriere. Die junge Frau verkörpert das moderne und freundliche Gesicht der zuweilen als reaktionär geltenden PP.
Rajoy umgibt sich mit seinem Freundeskreis
Rajoy umgibt sich in seiner Regierung mit Politikern, mit denen er in den vergangenen Jahren tagtäglich zu tun hatte und die zu seinem Freundeskreis gehören. Dies hat mit den bitteren Erfahrungen zu tun, die er in seiner Partei machen musste. Als 2004 der damalige Regierungschef José María Aznar ihm zum Posten des PP-Parteichefs verhalf, hatte er in der Partei keine Anhänger. Nach der Wahlniederlage 2008 brach Rajoy mit den «Aznaristas» und stützte sich auf seine eigenen Getreuen.
Eine davon war Soraya Sáenz de Santamaría. «Alle haben eine Chance verdient», sagte Rajoy, als er die bis dahin weitgehend unbekannte Politikerin zur Nummer zwei der PP-Fraktion im Parlament machte. Die arbeitsbesessene Rajoy-Vertraute wird in der Regierung nun die Fäden der Politik ziehen. «Sie wird viel Arbeit bekommen, im Regierungssitz des Moncloa-Palasts und daheim mit ihrem Sohn Iván», schreibt die Zeitung «El Periódico». (awp/mc/ps)