Barcelona und Madrid auf Konfrontationskurs

Spanien

Gegenspieler: Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont (r.) und Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy.

Barcelona – Die spanische Regierung will unter allen Umständen eine Abspaltung der reichen Region Katalonien verhindern und greift deswegen zu Zwangsmassnahmen. Regierungschef Mariano Rajoy reagierte damit am Donnerstag auf die Weigerung der politischen Führung in Barcelona, sein Ultimatum zu erfüllen und ausdrücklich auf die Bildung eines eigenen Staates zu verzichten.

Wenige Minuten vor dem Ende des Ultimatums um 10.00 Uhr machte der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont in einem Schreiben an Ministerpräsident Mariano Rajoy deutlich, dass er nicht auf die Forderung eingeht: «Wenn die Staatsregierung weiterhin den Dialog verhindert und die Repression fortsetzt, kann das katalanische Parlament die formelle Unabhängigkeitserklärung beschliessen, wenn es dies für angemessen hält.» Als Beispiel für «Repression» nannte er die Inhaftierung von zwei führenden Aktivisten in der separatistischen Bewegung, Jordi Sànchez und Jordi Ciuxart, unter dem Vorwurf des «aufrührerischen Verhaltens».

Verfassungsartikel 155
Unmittelbar nach der Erklärung Puigdemonts kündigte die Zentralregierung in einer Mitteilung an, sie werde mit Zwangsmassnahmen gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen vorgehen. «Die Regierung Spaniens hat heute Morgen die Weigerung des Präsidenten der Generalität von Katalonien zur Kenntnis genommen, die ihm am 11. Oktober übermittelte Forderung zu erfüllen», heisst es in der nüchternen Mitteilung. Deshalb werde man die im Verfassungsartikel 155 vorgesehenen Schritte einleiten, um in Katalonien die Rechtmässigkeit wiederherzustellen. Für Samstag wurde ein Treffen des Ministerrats einberaumt. Dabei soll dann über konkrete Massnahmen beraten werden.

Der Konflikt zwischen Madrid und Barcelona spitzt sich schon seit Wochen zu. Die katalanische Regierung setzte sich über ein Verbot des Verfassungsgerichts hinweg und organisierte am 1. Oktober ein Referendum über die Unabhängigkeit. Dabei kam es zu einem massiven Polizeieinsatz gegen Teilnehmer der Abstimmung. Bei einer Beteiligung von 42,3 Prozent stimmten 90,1 Prozent für eine Loslösung von Spanien.

Entscheid beim Senat
Die endgültige Entscheidung über konkrete Zwangsmassnahmen trifft der Senat, die zweite Kammer des Parlaments, in der Rajoys konservative Volkspartei (PP) die Mehrheit hat. Senatspräsident Pío García Escudero will bald nach den Beschlüssen im Kabinett das Präsidium der Parlamentskammer einberufen, um die Plenarsitzung für die Abstimmung über das Massnahmenpaket vorzubereiten.

Die Verfassung erlaubt es der Zentralregierung, «die notwendigen Mittel zu ergreifen», um eine autonome Region zur Erfüllung ihrer rechtlichen Pflichten zu zwingen. Sie könnte Puigdemont absetzen, die katalanische Regierung auflösen oder eine Neuwahl des Regionalparlaments erzwingen. Es ist das erste Mal seit Inkrafttreten der Verfassung von 1978, dass diese Regelung verwendet wird.

Puigdemonts Parteibündnis JxSí und die den Regierungschef stützende Linkspartei CUP haben angekündigt, dass die Anwendung des Artikels 155 zum Anlass nehmen wollen, die Unabhängigkeit zu erklären. Für das Wochenende sind Demonstrationen in Barcelona geplant.

Keine Unterstützung aus dem Ausland
Weitgehend vergeblich haben sich die Katalanen bislang um Unterstützung aus dem Ausland bemüht. Der Präsident des EU-Parlaments, Antonio Tajani, warnte hat die Regionalregierung vor weiteren Bestrebungen zur Trennung von Spanien. «Es wäre gut, wenn die katalanische Regierung die Unabhängigkeit nicht ausrufen würde, weil niemand dafür sein wird», sagte der italienische Politiker bei einem Besuchs in der spanischen Stadt Oviedo. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte sich am Rande des EU-Gipfels in Brüssel hinter Ministerpräsident Rajoy. «Wir schauen da sehr genau hin und unterstützen die Position der spanischen Regierung», sagte sie. (awp/mc/pg)

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