Spanisches Hilfspaket weckt Begehrlichkeiten
Brüssel – Nach den Notkrediten für Spaniens Banken will Griechenland das eigene Milliarden-Hilfspaket nachverhandeln – doch die Erfolgsaussichten sind gering. «Unsere Position ist unverändert: Wir erwarten, dass die Griechen alle eingegangenen Verpflichtungen erfüllen», dämpfte ein Sprecher der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel entsprechende Hoffnungen.
Athen möchte gerne die strengen Auflagen seiner Geldgeber für das gesamte Land umgehen. Als Vorbild gilt Spanien, das bis zu 100 Milliarden Euro zur Rettung maroder Banken erhält und im Gegenzug lediglich seinen Bankensektor sanieren muss.
Griechische Konservative wollen Lockerung des Sparprogramms
Der Führer der griechischen Konservativen, Antonis Samaras, sagte nach einem Telefonat mit dem spanischen Ministerpräsident Mariano Rajoy, seine Partei setze sich für eine Lockerung des Sparprogramms ein, das zum Abwürgen der Wirtschaft geführt habe. Dies solle allerdings nicht einseitig, sondern nach Verhandlungen mit den Geldgebern geschehen. Athen muss im Gegenzug für die Notkredite seinen Haushalt sanieren und harte Sozial- und Wirtschaftsreformen umsetzen, die von den Kontrolleuren der «Troika» überwacht werden. Im zweiten Rettungspaket erhält Athen 130 Milliarden Euro.
Auch Portugal möchte bessere Bedingungen
Auch aus dem hochverschuldeten Portugal, das ebenfalls Notkredite aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF bekommen hat, kamen Forderungen nach besseren Bedingungen für das eigene Milliardenpaket. Portugal müsse die selben Konditionen wie Spanien bekommen, da es in der EU «nicht Länder erster und zweiter Kategorie geben» dürfe, sagte der Führer der oppositionellen Sozialistischen Partei (PS), Antonio Seguro, in Lissabon. Portugal hängt seit 2011 als drittes Euroland nach Griechenland und Irland am internationalen Finanztropf.
Griechische Sparer ziehen Geld ab
Unterdessen ziehen griechische Sparer vor den Neuwahlen an diesem Sonntag (17. Juni) immer mehr Geld von ihren Konten ab. Seit Anfang Juni flossen täglich zwischen 100 und 500 Millionen Euro aus den Banken ab, sagte ein hoher Angestellter einer griechischen Privatbank der Nachrichtenagentur dpa in Athen. «Wir verbluten langsam. Wir brauchen dringend eine handlungsfähige Regierung», sagte der Banker.
Nach offiziellen Angaben haben die Bürger seit Ausbruch der Krise im Jahr 2009 rund 80 Milliarden Euro von den Banken abgezogen. Lange Warteschlangen vor den Instituten wie bei einem klassischen «Bank-Run» gibt es aber nicht. Das griechische Banksystem erhielt vergangene Woche eine dringend notwendige Finanzspritze in Höhe von 18 Milliarden Euro. Diese Gelder hatte der Staat als Teil des zweiten Rettungspakets bekommen.
Nachbarländer könnten Grenzen schliessen
Die Wahl am Sonntag gilt als Richtungsentscheidung über den Verbleib des Landes im Euro-Raum. Sollte Griechenland aus dem Euro austreten, könnten die europäischen Nachbarländer gegebenenfalls die Grenzen schliessen und Kapitalkontrollen einführen. Das EU-Recht erlaube dies unter bestimmten Umständen, erklärte ein Sprecher der EU-Kommission.
«Dies ist in zwei Fällen möglich: Wenn die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit bedroht sind», sagte der Sprecher unter Verweis auf Artikel 65 des Lissaboner Vertrages. Dieser erlaubt den Mitgliedsstaaten in punkto Kapital- und Warenverkehr «Massnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.»
Kapitalkontrollen an den Grenzen stehen zur Debatte
In EU-Kreisen wird bereits darüber gesprochen, ob im Fall eines Austritts Griechenlands eine Obergrenze für Abhebungen an griechischen Geldautomaten eingeführt werden soll. Auch Kapitalkontrollen an den Grenzen sind laut EU-Diplomaten in der Debatte. Damit würde verhindert, dass Griechen grosse Summen von ihren Bankkonten abheben und damit ins Ausland reisen, bevor möglicherweise eine neue Währung eingeführt und abgewertet würde.
Keine Notfallpläne
Die EU-Behörde betonte, dass sie selbst nicht an Notfallplänen arbeite. «Die EU-Kommission arbeitet nicht an einem Plan für den Austritt Griechenlands aus dem Euro», sagte der Sprecher der EU-Kommission. «Die EU-Kommission erstellt keine Drehbücher für Katastrophenfilme.» Ein Austritt Athens aus dem Euro sei rein «spekulativ» – das Ziel der EU-Kommission sei, dass Griechenland Mitglied im gemeinsamen Währungsgebiet bleibe. (awp/mc/pg)