Athen hofft nach neuen Sparmassnahmen auf 5,4-Milliarden-Kredit
Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras. (Foto: primeminister.gov.gr/Flickr)
Athen – Nach der Verabschiedung neuer Sparmassnahmen kann Athen auf die Auszahlung weiterer Milliardenhilfen hoffen. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sagte am Montag, mit dem vom griechischen Parlament gebilligten Sparpaket seien die «Voraussetzungen» für eine Einigung beim Eurogruppen-Treffen am Dienstag gegeben. Das Parlament in Athen hatte am Sonntagabend, begleitet von Protesten, ein Gesetzespaket mit Einsparungen im Umfang von 1,8 Mrd. Euro abgesegnet.
Moscovici sagte in Paris, damit sei auf dem Weg zu einer Einigung mit den internationalen Gläubigern eine «Schlüsseletappe» erreicht worden. Er «hoffe und wünsche», dass es beim Treffen der Eurogruppe am Dienstag in Brüssel eine Einigung gebe. «Die Voraussetzungen dafür sind bei weitem erfüllt», sagte der Franzose. Konkret geht es um die Auszahlung einer Kredittranche von rund 5,4 Mrd. Euro. Nach einer zweitägigen Parlamentsdebatte hatten am Sonntagabend alle 153 Abgeordneten der Regierungskoalition aus linker Syriza von Ministerpräsident Alexis Tsipras und den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (Anel) für das mehr als 7.000 Seiten umfassende Gesetzespaket gestimmt.
Entscheidende Etappe
EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici hat das vom griechischen Parlament beschlossene neue Sparpaket als «entscheidende Etappe» gelobt. Er hoffe auf eine Einigung über die Freigabe weiterer Hilfskredite für Griechenland beim Treffen der Euro-Finanzminister am Dienstag in Brüssel, sagte Moscovici am Montag vor Journalisten in Paris, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Bedingungen dafür seien weitgehend erfüllt. Das griechische Parlament hatte am Sonntagabend ein weiteres Gesetzespaket mit harten Sparmassnahmen gebilligt, dies hatten die internationalen Gläubiger als Voraussetzung für weitere Hilfsmilliarden gefordert. Die Kommission teilte in Brüssel mit, die Geldgeber würden nun die Gesetze prüfen und dann den Euro-Finanzministern am Dienstag berichten. EU-Experten legten sich nicht fest, ob die Zeit für eine endgültige Bewertung reiche. Unklar ist dem Vernehmen nach weiter, welchen Umfang die neue Auszahlung haben könnte. Zuletzt war – unbestätigt – von neun bis elf Milliarden Euro die Rede gewesen. Athen muss im Juli Milliardenzahlungen leisten, die es ohne frisches Geld nicht stemmen kann.
Umstrittene Schuldenbremse
Besonders umstritten war die beschlossene «automatische Schuldenbremse», die in Kraft tritt, wenn Griechenland mittelfristig die vorgegebenen Sparziele verfehlt. Sie soll bis zum Jahr 2018 in Kraft gesetzt werden, wenn im Frühjahr Haushaltsdefizite festgestellt werden und das griechische Finanzministerium darauf nicht mit weiteren Einschnitten reagiert. Sozialausgaben sollen allerdings ausgenommen werden. Auch Massnahmen für beschleunigte Privatisierungen und die Schaffung einer unabhängigen Behörde für öffentliche Einkünfte zur Bekämpfung von Betrug und Steuerflucht zählten zu dem Paket. Überdies wird die Mehrwertsteuer bei einigen Gütern um einen Punkt auf 24 Prozent angehoben, 2018 wird eine Residenzsteuer in der Hotelbranche eingeführt. Die Massnahmen sind Voraussetzung dafür, dass Griechenland eine neue, dringend benötigte Tranche aus dem Hilfspaket mit einem Gesamtumfang von 86 Mrd. Euro erhält. Darauf hatten sich Athen, die EU, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) im Juli 2015 geeinigt. Tsipras rechnet nun damit, dass die Eurogruppe am Dienstag grünes Licht für die Auszahlung der nächsten Hilfskredittranche von rund 5,4 Mrd. Euro gibt. Der linksgerichtete Ministerpräsident erhofft sich darüber hinaus eine allgemeine Verbesserung der Lage. Angesichts von Signalen der Eurogruppe und des IWF sagte der Regierungschef, dies sei «das erste Mal, dass die Opfer eine Chance haben, sich auszuzahlen».
Schuldenerleichterungen im Fokus
Am 9. Mai hatten die Euro-Finanzminister bei einem Sondertreffen in Brüssel über Möglichkeiten einer Entschuldung Griechenlands beraten. Die Bundesregierung gilt als Hauptgegner eines Schuldenschnitts für Griechenland. Vergangene Woche forderte der IWF, dem Land eine lange Phase ohne Schuldenrückzahlungen zu gewähren. «Es ist das erste Mal, dass die Schuldenfrage in den internationalen Institutionen mit der angemessenen Aufmerksamkeit diskutiert wird», lobte Tsipras. Innenpolitisch schlug ihm allerdings Gegenwind entgegen. Vor dem Parlament demonstrierten am Sonntag nach Angaben der Polizei mehr als 10’000 Menschen gegen die Sparmassnahmen. Der gesamte öffentliche Verkehr in Athen wurde am Wochenende aus Protest gegen die Sparpläne blockiert. (awp/mc/cs)