SPD-Vorstand nominiert Scholz wie erwartet als Kanzlerkandidaten
Berlin – Nach zäher und kontroverser Debatte hat der SPD-Vorstand Olf Scholz einstimmig als Kanzlerkandidaten nominiert. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur während der Sitzung des 33-köpfigen Führungsgremiums in Berlin aus Teilnehmerkreisen. Am 11. Januar soll die Entscheidung noch auf einem Parteitag bestätigt werden. In den vergangenen zwei Wochen hatte die Partei öffentlich darüber diskutiert, ob der deutlich beliebtere Verteidigungsminister Boris Pistorius als Ersatzkandidat für den nach dem Scheitern seiner Ampel-Regierung angeschlagenen Scholz eingewechselt werden soll.
Erst am vergangenen Donnerstag verzichtete Pistorius auf eine Kandidatur und machte so den Weg für die Nominierung von Scholz frei. In der SPD wirkt die Hängepartie in der K-Frage aber noch nach. Beim Bundeskongress der Jungsozialisten (Juso), des Jugendverbands der SPD, gab es am Wochenende scharfe Kritik an der Parteiführung deswegen. Juso-Chef Philipp Türmer warf den Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil Führungsversagen vor und sprach von einer «Shit Show».
Esken: «Wir haben kein wirklich gutes Bild abgegeben»
Esken räumte daraufhin ein: «Nein, wir haben kein wirklich gutes Bild abgegeben bei der Nominierung unseres Kanzlerkandidaten.» Klingbeil verteidigte das Vorgehen der Parteiführung dagegen. «Mein Führungsanspruch ist schon, dass man in die Partei reinhorcht, dass man Debatten führt, dass man in unterschiedlichen Szenarien auch denkt», sagte er im Deutschlandfunk.
Klingbeil rief die Partei gleichzeitig auf, den Blick jetzt nach vorne zu richten auf die Wahl am 23. Februar. «Jetzt sind alle gemeinsam auch in der Pflicht, den Schalter umzulegen und zu gucken, dass wir in den Wahlkampf starten.» Esken sagte im ZDF mit Blick auf Scholz: «Mit ihm gemeinsam gehen wir jetzt in diesen Kampf.»
96,2 Prozent als Messlatte
Nach der Nominierung muss die Kanzlerkandidatur von Scholz noch auf dem Parteitag am 11. Januar bestätigt werden. Das gilt zwar als Formsache. Scholz muss sich aber an seinem Ergebnis vom Mai 2021 – gut vier Monate vor der Bundestagswahl – messen lassen. Damals wurde Scholz mit 96,2 Prozent der Stimmen bestätigt.
Die SPD lag zu diesem Zeitpunkt wie heute in den Umfragen zwischen 14 und 16 Prozent. Erst ein Lacher des Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet im Flutgebiet brachte im Sommer die Wende: Die SPD wurde mit 25,7 Prozent noch stärkste Kraft.
SPD will Duell Scholz gegen Merz
Auf Fehler des Herausforderers hofft die SPD auch diesmal. Die Partei will den Wahlkampf auf das Duell zwischen Scholz und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zuspitzen. Ihm werfen die Sozialdemokraten rückwärtsgewandte Politik vor und wollen vor allem mit der Regierungserfahrung und Themensicherheit von Scholz punkten.
Bei den Beliebtheitswerten schneidet der Kanzler in den Umfragen aber weiterhin schlechter ab als Merz. Im aktuellen ZDF-Politbarometer liegt er auf Platz 7 und Merz auf Platz 5. Pistorius ist unangefochten die Nummer 1. Die Daten wurden aber vor der Entscheidung der SPD in der K-Frage am vergangenen Donnerstag erhoben.
Zugleich hofft man in der SPD, dass sich Scholz im Wahlkampf anders präsentiert als ein auf Ausgleich bedachter Regierungschef. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sagte in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin», die Partei brauche nun einen kämpferischen und kämpfenden Scholz. «Die Zeit der Moderationen in einer schwierigen Ampel-Koalition ist jetzt vorbei. Jetzt brauchen wir den starken Olaf Scholz, der auch zeigt, wohin er das Land bringen will», betonte Schweitzer.
Erstmals vier Kanzlerkandidaten
Scholz ist nach Merz und bei den Grünen Vizekanzler Robert Habeck der dritte Kanzlerkandidat, der von seiner Partei für die Wahl am 23. Februar aufgestellt wurde. Am 7. Dezember will der AfD-Vorstand dann noch Parteichefin Alice Weidel als Kanzlerkandidatin nominieren. Erstmals gibt es damit vier Kanzlerkandidaten und -kandidatinnen bei einer Bundestagswahl. (awp/mc/pg)