Steuerabkommen: EU will Nachverhandlungen

Steuerabkommen: EU will Nachverhandlungen

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta.

Brüssel – Die Analyse der EU-Kommission zu den Schweizer Steuerabkommen mit Deutschland und Grossbritannien steht. Die Kommission drängt die beiden Länder offenbar dazu, ihre Abkommen mit der Schweiz nachzuverhandeln und droht andernfalls mit rechtlichen Schritten. Die Berichte zu den Steuerabkommen würden bereitliegen, heisst es in Brüssel. Und die Sprecherin von EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta erklärte am Donnerstag, der Kommissar «hat die Absicht, bald dazu offiziell Stellung zu nehmen».

Die beiden Abkommen sehen für Steuerzahler aus Deutschland und Grossbritannien eine rückwirkende Pauschalbesteuerung ihrer Vermögen vor, die auf Schweizer Banken liegen. Ende Oktober hatte sich der EU-Steuerkommissar bereits skeptisch geäussert und bei allfälligen Verstössen gegen EU-Recht, oder falls Zuständigkeiten der EU-Kommission verletzt wurden, Konsequenzen angedroht. Die Kommission kämpft momentan an mehreren Fronten, um die betroffenen Mitgliedstaaten zur Räson zu bringen. So warnte sie laut Kreisen schon mal weitere EU-Länder, die sich auch für ein solches Abkommen mit der Schweiz interessieren.

Frankreich erteilt Abkommen vorerst Absage
Das geschah nach diesen Angaben auch vor dem Treffen von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf mit ihrem französischen Kollegen François Baroin vom Donnerstag. Mit dem Resultat, dass Baroin nach dem Treffen erklärte, die Voraussetzungen für ein Abkommen, wie es die Schweiz mit Deutschland und Grossbritannien unterzeichnet habe, seien zurzeit nicht gegeben. Frankreich, wie auch anderen interessierten Ländern wie Belgien oder die Niederlande, wurde von der Kommission klar gemacht, dass sie zwar solche bilateralen Abkommen aushandeln können. Aber die EU-Regeln und die Kompetenzen der EU-Kommission müssten dabei respektiert werden.

Druck auf Nachverhandlungen
Genau das soll bei den Steuerabkommen Schweiz-Deutschland und Schweiz-Grossbritannien nicht der Fall gewesen sein. Diese würden in Teilen der EU-Richtlinie (Gesetz) zur Zinsbesteuerung widersprechen, aber auch dem Zinsbesteuerungsabkommen Schweiz-EU, kommt die Kommission laut Kreisen zum Schluss. Bevor die EU-Kommission aber Nägel mit Köpfen macht und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und Grossbritannien einleitet, versucht sie in Gesprächen auf technischer Ebene die beiden Länder zu Nachverhandlungen der Abkommen zu bringen.

Schweiz sieht keinen Bedarf
Die Schweiz selbst sieht bisher keinen Bedarf für Nachverhandlungen, wie Mario Tuor, Sprecher des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF), diese Woche der Nachrichtenagentur sda sagte. Patrick Odier, der Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), nannte die Verträge kürzlich ausgewogen und warnte vor Nachverhandlungen.

Widmer-Schlumpf in Brüssel
Bedarf nach Klärung besteht aber auf allen Seiten. So soll Bundesrätin Widmer-Schlumpf EU-Steuerkommissar Semeta bereits nächste Woche in Brüssel treffen. Dieses Mal dürfte es ein etwas längeres Gespräch werden als am 8. November, als die beiden sich nur kurz über die Steuerabkommen unterhalten konnten. (awp/mc/ps)

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