EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta.
Brüssel – Die EU-Regierungen müssen nach Ansicht der EU-Kommission härter und gemeinsam gegen Steuerflucht und Steuerhinterziehung vorgehen. Die EU-Kommission legte am Donnerstag in Brüssel einen «Aktionsplan» mit Empfehlungen für die Mitgliedstaaten vor. Viele Steuerfragen fallen in die nationale Kompetenz der Regierungen. Derzeit würden in der EU Steuern in Höhe von schätzungsweise einer Billion EUR entzogen, sagte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta. Er empfahl, «Steuerparadiese» besser zu identifizieren und auf nationale «Schwarze Listen» zu setzen.
Nicht-EU-Staaten wie die Schweiz müssten überzeugt werden, sich an EU-Standards zu halten. Die EU-Regierungen könnten gemeinsam auch gegen «aggressive Steuerplanung» vorgehen. Die Mitgliedstaaten könnten beispielsweise eine «allgemeine Vorschrift» erlassen, wonach «künstliche» Unternehmenskonstruktionen, die nur der Steuervermeidung dienten, nicht mehr erlaubt sind. Dies würde die Besteuerung nach dem «tatsächlichen wirtschaftlichen Sachverhalt» erlauben.
Vorwurf: Schweizer Regelungen entsprechen nicht EU-Verhaltenskodex
Semeta kritisierte die Schweiz, weil «mehrere Steuerregelungen» der Eidgenossenschaft nicht den in einem EU-Verhaltenskodex festgelegten Grundsätzen für die Unternehmensbesteuerung entsprächen. Er teilte ausserdem mit, dass gegen Luxemburg ein Vertragsverletzungsverfahren vorbereitet werde. Das Grossherzogtum, in dem der Versandhändler Amazon seine Europazentrale hat, gewähre für E-Bücher einen ermässigten Mehrwertsteuersatz und verstosse damit gegen geltendes EU-Recht.
Die EU-Kommission will zudem selbst kontrollieren dürfen, inwieweit ein Verhaltenskodex in Steuerfragen von den EU-Staaten angewendet wird. «Der Verhaltenskodex könnte von den Mitgliedsstaaten ehrgeiziger genutzt werden», formulierte Semeta. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten die EU-Kommission im März damit beauftragt, Pläne zum Kampf gegen Steuerhinterziehung auszuarbeiten. Die Vorschläge von Steuerkommissar Semeta werden in einem nächsten Schritt nun von den EU-Finanzministern sowie dem EU-Parlament beraten. (awp/mc/ps)