Stimmung in Chinas Industrie so schlecht wie 2009

Stimmung in Chinas Industrie so schlecht wie 2009
(Foto: JohnKwan - Fotolia.com)

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Peking – Die enttäuschenden Nachrichten aus der chinesischen Wirtschaft reissen nicht ab: Am Freitag wurde bekannt, dass die Stimmung chinesischer Unternehmer auf den tiefsten Stand seit März 2009 gefallen ist. Das geht aus einem wichtigen Frühindikator für die Konjunktur des Landes hervor, den das chinesische Wirtschaftsmagazin Caixin am Freitag in einer ersten Schätzung vorlegte. Das Rekordtief seit 2009 führt zu Nervosität an den Märkten. Schliesslich befand sich die Weltkonjunktur damals nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im Krisenmodus. Daher mehrt nun das schlechte Abschneiden die Sorgen um den Zustand des für die Weltkonjunktur so wichtigen Landes.

Laut den Daten ging der Einkaufsmanagerindex der verarbeitenden Industrie (PMI) im August von 47,8 Punkten im Vormonat auf 47,1 Punkte zurück, Analysten hatten aber mit einem Wert von 48,2 gerechnet. «Der Rückgang ist hauptsächlich auf die verlangsamte chinesische Industrieproduktion, die rückläufigen Rohstoffpreise sowie die schwachen Exporte zurückzuführen», schreibt Thu Lan Nguyen, Analystin bei der Commerzbank.

Werte von über 50 Punkten signalisieren ein Wachstum der Wirtschaft, während Werte unter der kritischen Marke einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität hindeuten.

«Zeichen an den Kapitalmärkten auf Sturm»
Die trübe Stimmung in der chinesischen Industrie befeuerte erneut die Sorgen um die schwächelnde Wachstumslokomotive China. «Heute Morgen stehen die Zeichen an den Kapitalmärkten auf Sturm», sagte Dirk Gojny, Analyst bei der National-Bank. Die Sorge um die Stärke und die Perspektiven der chinesischen Wirtschaft nehme jetzt noch zu. Die Börsen gaben nach den neuen Zahlen aus Peking stark nach. Der japanische Leitindex Nikkei sackte unter die Marke von 20 000 Punkten. Auch der Dax gab am Morgen nach, wenn auch nicht so stark wie Anleger vorab befürchtet hatten.

Auf dem Devisenmarkt stärkten die China-Sorgen den Euro . Die Gemeinschaftswährung näherte sich am Morgen zwischenzeitlich der Marke von 1,13 US-Dollar und erreichte den höchsten Wert seit Ende Juni. Wachsende Sorgen um China schwächen den US-Dollar, weil sie als wesentlicher Hemmschuh für eine baldige Zinswende in den USA gesehen werden.

Greift die Notenbank ein?
Lothar Hessler, Analyst bei der Bank HSBC Trinkaus, geht davon aus, dass die chinesische Notenbank nun zu weiteren Massnahmen greifen wird, um der heimischen Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Nach der überraschenden Yuan-Abwertung vor gut einer Woche, sei nun mit einer geldpolitischen Lockerung zu rechnen. «Der Leitzins dürfte im laufenden Quartal noch um 25 Basispunkte auf 4,60 Prozent gesenkt werden», schätzt Hessler. Eine Absenkung der Leitzinsen wirkt stützend auf den Export, weil sie inländische Waren im Ausland billiger macht. Viele Analysten gehen davon aus, dass die chinesische Notenbank schon die Yuan-Abwertung mit der Absicht vorgenommen hatte, dem schwächelnden Export unter die Arme zu greifen.

Seit einigen Wochen wachsen die Sorgen der Anleger um Chinas Wirtschaft, weil sich diese nicht so stark entwickelt, wie vorab erwartet. Von Januar bis Juni war die chinesische Wirtschaftskraft im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014 um sieben Prozent gewachsen. Experten gehen jedoch davon aus, dass das tatsächliche Wachstum längst unter diese Marke gerutscht ist.

Chinas Regierung unterzieht die Wirtschaft des Landes gerade dem grössten Umbau seit Jahrzehnten. Das Land will unabhängiger von Exporten werden und nicht weiter die verlängerte Werkbank der Welt sein. Stattdessen soll Innovation gefördert und ein Hochtechnologiesektor aufgebaut werden. (awp/mc/upd/ps)

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