Brüssel – Jens Stoltenberg bleibt wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine ein weiteres Jahr Generalsekretär der Nato. Die Bündnisstaaten hätten beim Gipfeltreffen entschieden, das Mandat des Norwegers bis zum 30. September 2023 zu verlängern, teilte das Verteidigungsbündnis am Donnerstag in Brüssel mit.
Stoltenberg ist seit 2014 Nato-Generalsekretär, seine Amtszeit sollte eigentlich am 30. September auslaufen. Danach wollte der frühere norwegische Regierungschef ursprünglich zurück in seine Heimat gehen und dort Chef der Zentralbank werden. Für diesen Posten hatte sich der 63-Jährige Ende des vergangenen Jahres beworben. Anfang Februar bekam er dann offiziell den Zuschlag.
Stoltenberg bezeichnete sich am Donnerstag «geehrt» von der Entscheidung der Staats- und Regierungschefs über die Vertragsverlängerung. Er wertete sie zudem als Zeichen der Geschlossenheit in der «grössten Sicherheitskrise einer Generation».
Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, Stoltenberg sei «mit seiner besonnenen und klugen Führungsstärke ein Garant für Erfolg und Einheit der Allianz». Sie freue sich sehr, dass er der Nato in diesen schwierigen Zeiten erhalten bleibe.
Geschickter Vermittler
Anerkennung hat sich Stoltenberg vor allem als geschickter Vermittler zwischen den teils sehr unterschiedlichen Interessen der mittlerweile 30 Nato-Staaten erworben. Als sein Verdienst gilt insbesondere die Moderation in dem während der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump eskalierten Streit um die Verteidigungsausgaben der europäischen Alliierten. Trump drohte zeitweise sogar mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis.
In der Geschichte des Bündnisses ist Stoltenberg mit fast acht Jahren bereits jetzt einer der Generalsekretäre mit der längsten Amtszeit. Er hat sogar den Deutschen Manfred Wörner überholt. Der Ex-Verteidigungsminister von der CDU war von 1988 bis zu seinem Tod im Jahr 1994 der höchste internationale Beamte der Allianz. Am längsten war bislang der Niederländer Joseph Luns Nato-Generalsekretär. Er amtierte von 1971 bis 1984.
Ob Stoltenberg von Staats- und Regierungschefs angesichts der Ukraine-Kriegs gebeten wurde, eine Vertragsverlängerung in Erwägung zu ziehen, oder sich angesichts der Lage selbst darum bemühte, blieb zunächst offen. Gerüchte über einen Verbleib hatte es zuletzt vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und der schweren Spannungen mit Russland wieder gehäuft gegeben.
An die Spitze der norwegischen Zentralbank soll nach dem Ausfall Stoltenbergs Ida Wolden Bache rücken. Sie ist amtiert derzeit schon als Interimsbankchefin. (awp/mc/ps)