Dublin – Die Streiks von Piloten, Flugbegleitern und Fluglotsen gefährden die Gewinnpläne des Billigfliegers Ryanair . Der geplante Jahresgewinn von 1,25 bis 1,35 Milliarden Euro hänge stark von Ausständen der Besatzungen und der Entwicklung der Ticketpreise im Sommer ab, warnte Unternehmenschef Michael O’Leary bei der Vorlage der Quartalszahlen am Montag in Dublin. Auch steigende Kosten für Kerosin und Piloten-Gehälter zehren am Ergebnis. Und der drohende harte Ausstieg Grossbritanniens aus der Europäischen Union (EU) treibt O’Leary Sorgenfalten auf die Stirn.
Am Aktienmarkt kamen die Nachrichten schlecht an. Die Ryanair-Aktie verlor in London am Morgen zeitweise rund sechs Prozent an Wert. Um die Mittagszeit lag sie immer noch mit 4,60 Prozent im Minus. Auch sonst gaben die Aktienkurse von Fluggesellschaften im Sog der Ryanair-Zahlen deutlich nach. Für die Papiere von Lufthansa , Air France-KLM , Easyjet und die British-Airways-Mutter IAG ging es um jeweils knapp zwei Prozent abwärts.
Im ersten Geschäftsquartal von April bis Juni fiel Ryanairs Überschuss mit 319 Millionen Euro rund 20 Prozent geringer aus als ein Jahr zuvor. Analysten hatten zwar mit diesen Zahlen gerechnet. Die Zweifel des Managements an der Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr bis Ende März 2019 sorgten aber ebenso für Verunsicherung wie die Aussagen zu einem Preiskampf in der laufenden Sommersaison.
Nicht enthalten in den Quartalszahlen ist der Verlust der künftigen Ryanair-Tochter Laudamotion, der bei Ryanair mit neun Millionen Euro zu Buche schlug. Die Iren halten knapp ein Viertel an der Nachfolge-Gesellschaft der früheren Air-Berlin-Tochter Niki und wollen ihre Beteiligung in den kommenden Wochen wie geplant auf 75 Prozent aufstocken. Das restliche Viertel behält der österreichische Luftfahrt-Unternehmer und frühere Formel-1-Weltmeister Niki Lauda. Er hatte Niki Anfang 2018 nach dem Aus für Air Berlin übernommen.
Laudamotion machen die steigenden Kerosinkosten besonders zu schaffen. O’Leary rechnet bei der Gesellschaft in ihrem ersten Geschäftsjahr mit einem Verlust von 150 Millionen Euro. Zudem streiten sich die Österreicher mit der Lufthansa um neun Flugzeuge, die sie von der grössten deutschen Airline geleast haben. Die Lufthansa hat alle Leasingverträge mit Laudamotion gekündigt. Die Sache ist bereits vor Gericht anhängig.
Rüsten für weitere Streiks
Unterdessen rüstet sich Ryanair für weitere Streiks. Wegen geplanter Ausstände des Kabinenpersonals in Belgien, Spanien und Portugal hat die Gesellschaft für Mittwoch und Donnerstag (25. und 26. Juli) 600 Flüge gestrichen. Für diesen Dienstag (24. Juli) steht zudem der dritte Streiktag der irischen Pilotengewerkschaft Forsa an, durch den nach bisherigen Angaben 16 Verbindungen zwischen Irland und Grossbritannien ausfallen sollen.
Man sei nicht bereit, unvernünftige Forderungen zu akzeptieren, die das Geschäftsmodell oder die niedrigen Ticketpreise gefährdeten, hiess es bei Ryanair. Sollten die Streiks anhalten, müsse der Winterflugplan überprüft werden, was zu einer Verkleinerung der Flugzeugflotte und Jobverlusten führen könne. Ryanair hat zwar bereits in einigen Ländern Gewerkschaften als Verhandlungspartner anerkannt, aber noch keine Tarifabschlüsse erzielt. In Deutschland stimmen derzeit die Piloten der Vereinigung Cockpit über einen Arbeitskampf ab.
Die Kunden halten sich laut O’Leary angesichts der Streiks bereits mit dem Kauf von Tickets zurück. O’Leary schätzt, dass die Fussball-Weltmeisterschaft und der Hitzewelle in Nordeuropa auch im laufenden Sommerquartal auf die Ticketpreise drücken. Vor allem in Deutschland, wo sich die Branche nach der Air-Berlin-Pleite neu sortiert, rechnet er mit einem harten Preiskampf.
Im ersten Geschäftsquartal bis Ende Juni wurde Ryanair zwar mehr Tickets los als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Fluggäste wuchs um sieben Prozent auf 37,6 Millionen. Allerdings fielen die Preise den Angaben zufolge im Schnitt um vier Prozent auf unter 39 Euro. Insgesamt stieg der Umsatz um neun Prozent auf 1,1 Milliarden Euro – vor allem dank höherer Zusatzerlöse. Die höheren Kosten für Personal und Kerosin konnten die Iren damit nicht ausgleichen.
Für den Fall eines ungeregelten Austritts Grossbritanniens aus der Europäischen Union bereitete O’Leary die britischen Aktionäre auf eine Beschneidung ihrer Rechte vor. Die Gefahr eines harten Brexit werde unterschätzt, warnte O’Leary. Für diesen Fall sei es wahrscheinlich, dass die Anteilseigner aus Grossbritannien als Nicht-EU-Aktionäre eingestuft würden. (awp/mc/ps)