Streit um Rettungspaket für Athen spitzt sich zu

Griechenland

Anhaltend dunkle Wolken über dem Parlamentsgebäude in Athen.

Brüssel – Kurz vor dem Euro-Sondergipfel am Donnerstag spitzt sich der Streit über ein zweites Rettungspaket für Schuldensünder Griechenland zu. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet warnte in deutlichen Worten vor Entscheidungen der Euro-Staaten, die zu einem teilweisen Zahlungsausfall oder zu einem Zahlungsausfall führen könnten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) werde in dieser Frage keine Kompromisse eingehen: «Es ist inakzeptabel für uns, unsere Rolle als Anker für Stabilität und Vertrauen im Euro-Raum und in Europa aufs Spiel zu setzen», sagte Trichet der «Financial Times Deutschland» (Montag).

Zusammenbruch der griechischen Banken befürchtet
Hintergrund ist, dass die Regierungen derzeit Lösungen wie einen Schuldenschnitt für Griechenland oder einen teilweisen Rückkauf griechischer Schulden durch die Regierung in Athen diskutieren – dies aber könnte von den einflussreichen Ratingagenturen als (teilweiser) Zahlungsausfall bewertet werden und das Ansehen des Schuldners Griechenland an den Märkten endgültig zerstören. «Wenn ein Land zahlungsunfähig wird, können wir seine ausgefallenen Staatsanleihen nicht mehr als normale notenbankfähige Sicherheiten akzeptieren», sagte Trichet. Experten befürchten als Folge eines Zahlungsausfalls einen Zusammenbruch des griechischen Bankensystems. «Die Regierungen tragen dafür die Verantwortung.» Die Regierungen müssten dann dafür sorgen, dass dem Euro-System Sicherheiten bereitgestellt werden, die es akzeptieren könne.

Athen mit 340 Milliarden Euro verschuldet
Ein Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Staaten soll am Donnerstag (21. Juli) den Weg aus der Schuldenkrise ebnen. Neben Griechenland hängen auch Irland und Portugal am internationalen Finanztropf. Griechenland hat derzeit rund 340 Milliarden Euro Schulden. Das neue Hilfspaket für Athen könnte einen Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro haben. Bereits im Mai 2010 war Griechenland mit einem Hilfspaket von 110 Milliarden Euro vor der Staatspleite gerettet worden. Nun zeichnet sich schon länger ab, dass Griechenland nicht wie geplant 2012 wieder an den Finanzmarkt zurückkehren kann.

Zweites Griechenlandpaket «im Konsens» verabschiedet?
In Brüssel wird derzeit diskutiert, dass der Euro-Rettungsfonds künftig den Anleihen-Kauf von Privatgläubigern finanzieren oder Schuldenländern den Rückkauf eigener Anleihen ermöglichen könnte. Die Bundesregierung zeigte sich am Montag zuversichtlich, dass vom Euro-Krisengipfel ein «gutes Signal» ausgehen wird. Der Gipfel werde Eckpunkte für ein zweites Griechenlandpaket bringen, mit dem die Schuldentragfähigkeit des Landes langfristig gesichert werden könne, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte einen zunächst für vergangenen Freitag ins Auge gefassten Gipfel der Staats- und Regierungschefs als noch zu früh für substanzielle Ergebnisse abgelehnt. Der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus, geht mit Blick auf die Kritik der EZB davon aus, dass das zweite Griechenlandpaket «im Konsens» verabschiedet werde.

Variante Bond-Buy-Back
Ein Rückkauf eigener Staatsanleihen könnte die Schuldenlast Griechenlands laut Berechnungen des Bundesfinanzministeriums um 20 Milliarden Euro senken – dies berichtet der «Spiegel». Nach diesem Modell würde der Euro-Rettungsschirm EFSF dem Land Geld geben, damit es seine Anleihen selbst zum Marktpreis von privaten Gläubigern zurückkaufen könnte. Dies wäre nach «Spiegel»-Darstellung ein gutes Geschäft für Griechenland, da die Kurse für griechische Anleihen derzeit um bis zu 50 Prozent unter ihrem Nennwert lägen. Dieser sogenannte Bond-Buy-Back sei eine von mehreren Varianten, die Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) derzeit zur Lösung der griechischen Schuldenkrise prüfen lasse, heisst es. Andere Vorschläge seien unter anderen ein echter Schuldenschnitt, verbunden mit dem Tausch von Griechenland-Anleihen in längerfristige, mit Garantien besicherte Papiere.

Neue Bankenabgabe in Erwägung
Wie die Zeitung «Die Welt» am Montag berichtete, erwägen die Regierungen der 17 Euro-Länder zudem, den Privatsektor künftig auch über eine neue Bankenabgabe an der Rettung Griechenlands zu beteiligen. Die Bankenabgabe solle dabei auch für Kreditinstitute der Euro-Länder gelten, die nicht direkt in Griechenland engagiert sind, schrieb die Zeitung unter Berufung auf hohe Diplomatenkreise. Neben der Bankenabgabe solle der Privatsektor zusätzlich über einen Rückkauf griechischer Staatsanleihen zur Rettung Athens beitragen.

Das «U»-Wort

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich zurückhaltend zu einer Umschuldung Griechenlands geäussert, wie sie etwa von Wissenschaftlern gefordert wird. «Was wir wollen, ist doch: möglichst wenig Massnahmen», sagte Merkel am Sonntag in der ARD. «Und eine Umschuldung, die jetzt immer genannt wird, hat natürlich auch den negativen Effekt, dass die Länder sich vielleicht nicht mehr so anstrengen. Das heisst, ich arbeite darauf nicht hin.» Man versuche alles Mögliche, um noch härtere Massnahmen als bisher zu vermeiden. Frankreichs Haushaltsministerin Valérie Pécresse sagte am Montag mit Blick auf den Euro-Gipfel: «Wir hoffen, dass ein Plan verabschiedet wird. (…) Die Äusserungen von Angela Merkel gehen genau in die richtige Richtung, wenn sie sagt, dass sie sich konkrete Ergebnisse wünscht.» Der zweite Griechenland-Hilfsplan solle unter Dach und Fach gebracht werden. Die einzige noch zu klärende Frage sei die der Beteiligung des privaten Sektors. Es gelte alle Möglichkeiten zu prüfen, die nicht die Attraktivität der Eurozone für Investoren beeinträchtigten. (awp/mc/ps)

Exit mobile version