Kiew – Russlands schneller Rückzieher beim Verbot ukrainischer Getreideausfuhren übers Schwarze Meer hat neue Hoffnung auf eine Entspannung der internationalen Ernährungslage keimen lassen. Am Donnerstag konnten nach türkischen Angaben mindestens sechs Frachter ukrainische Häfen verlassen. Das von Russland überfallene Land ist einer der grössten Erzeuger von Getreide – wichtig vor allem für Millionen Menschen in Afrika und Asien. Allerdings hängt die Zukunft der Transporte von Moskaus Gnaden ab: Russland drohte damit, bei neuen Angriffen auf seine Schwarzmeerflotte das Abkommen abermals auszusetzen. Wegen einer angeblichen Verwicklung von Briten in Angriffe wurde die britische Botschafterin in Moskau ins Aussenministerium einbestellt.
Russland will Getreideabkommen nicht automatisch verlängern
Zudem warnte der Kreml, das mit der Türkei, den Vereinten Nationen und der Ukraine im Juli ausgehandelte Abkommen auslaufen zu lassen. Bislang gilt es bis zum 19. November. «Natürlich muss das Thema einer Verlängerung noch erörtert werden. Die offizielle Frist ist noch nicht abgelaufen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Russland beklagt, dass seine eigenen Exporte von Getreide und Dünger durch westliche Sanktionen behindert würden. Nach UN-Angaben wurden bisher insgesamt mehr als 9,9 Millionen Tonnen Waren verschifft – 42 Prozent davon Mais, 28 Prozent davon Weizen.
Kiew dementiert russische Angaben zu angeblicher Sicherheitsgarantie
Die Ukraine wies russische Angaben zurück, für die Wiederaufnahme der Exporte versprochen zu haben, den Korridor für Getreidefrachter im Schwarzen Meer nicht militärisch zu nutzen. «Die Ukraine hat den Getreidekorridor nicht für militärische Zwecke genutzt und plant auch nicht, dies zu tun», hiess es in Kiew. Unterdessen tauschten die beiden Kriegsgegner erneut Gefangene aus – pro Seite 107 Soldaten.
Moskau zitiert britische Botschafterin ins Aussenministerium
Bei der Einbestellung der britischen Botschafterin Deborah Bronnert ging es um den Vorwurf, britische Spezialisten seien an einem Drohnenangriff am Samstag beteiligt gewesen. Moskau wirft London auch vor, hinter der Sabotage an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee zu stecken. London weist dies als absurd zurück.
IAEA findet in Ukraine bisher keine Belege für «schmutzige Bombe»
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat nach eigenen Angaben keine Hinweise auf den Bau einer «schmutzigen Bombe» durch die Ukraine. Das habe eine Inspektion in der Ukraine ergeben, sagte IAEA-Direktor Rafael Grossi. Anlass der Untersuchung waren russische Vorwürfe, die Ukraine wolle eine «schmutzige Bombe» einsetzen. Ein solche Bombe besteht aus radioaktivem Material, das mit konventionellem Sprengstoff freigesetzt wird. Im Unterschied zu einer Atombombe kommt es zu keiner nuklearen Kettenreaktion.
Kiew: AKW Saporischschja erneut ohne Strom von aussen
Das von Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja ist nach ukrainischen Angaben erneut ohne Strom von aussen. Der ukrainische Kraftwerksbetreiber Enerhoatom teilte mit, durch russischen Beschuss seien Hochspannungsleitungen ausgefallen, die das AKW mit dem ukrainischen Energienetz verbinden. Zur Stromversorgung und Kühlung sei das Werk nun auf Dieselgeneratoren angewiesen. Die IAEA bemüht sich seit Monaten, um das Werk herum eine Schutzzone einzurichten.
Baerbock: US-Partnerschaft Versicherung für Demokratie und Frieden
Um den Krieg in der Ukraine geht es auch bei einem Treffen der Aussenminister aus der Gruppe sieben grosser Industrienationen (G7) in Münster. Dort war vor mehr als 370 Jahren über den Westfälischen Frieden zur Beendigung des Dreissigjährigen Krieges verhandelt worden, nachdem alle Seiten erschöpft und kriegsmüde waren. Der Friedensschluss gilt als Meilenstein auf dem Weg zu einer europäischen Friedensordnung. Deutschland hat in der G7 noch bis zum Jahresende den Vorsitz.
Kremlchef Putin will grosse Ukraine-Ausstellung in Moskau eröffnen
Russlands Präsident Wladimir Putin will an diesem Freitag nach mehr als acht Monaten Krieg in Moskau eine Ausstellung «Ukraine. Im Wandel der Zeiten» eröffnen. Putin sprach dem Nachbarland wiederholt das Existenzrecht ab. Unlängst sagte er aber auch, dass es nach dem Krieg noch eine Ukraine geben könne.
Ukrainische Ermittler: 7 Millionen Euro für Militärwesten veruntreut
Rund 7 Millionen Euro für den Kauf militärischer Schutzwesten sollen nach Angaben ukrainischer Ermittler veruntreut worden sein. Der Verdacht richte sich gegen das frühere Management der Patentbehörde Ukrpatent, eine Beamtin im Wirtschaftsministerium und den Leiter einer Hilfsorganisation. Der ukrainische Staatsapparat steht trotz Verbesserungen immer noch im Ruf, anfällig für Korruption zu sein.
Weiter keine Schweizer Gepard-Munition für Ukraine
Die Schweiz hat die Weitergabe von Munition an die Ukraine für den deutschen Flugabwehrpanzer Gepard erneut abgelehnt. Bern könne einer Lieferung von in der Schweiz hergestelltem Kriegsmaterial nicht zustimmen, wenn das Empfängerland in einen internationalen Konflikt verwickelt sei, schrieb Wirtschaftsminister Guy Parmelin der deutschen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Für den von Bundeswehr ausgemusterten Gepard geht die Munition zur Neige.
UN: 14 Millionen Flüchtlinge wegen Russlands Ukraine-Krieg
Russlands Einmarsch in die Ukraine hat nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR zur grössten Vertreibung seit Jahrzehnten geführt. Demnach wurden seit dem 14. Februar 14 Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben. (awp/mc/pg)