«Super Tuesday» in den USA: Überall Sieger und viele Aber

«Super Tuesday» in den USA: Überall Sieger und viele Aber
US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton.

Haben den «Super Tuseday» für sich entschieden: Donald Trump und Hillary Clinton.

Washington – Der «Super Tuesday» 2016 – Tag grosser Siege und grosser Aber. Ein bärenstarker Abend für Donald Trump, aber kein Durchmarsch. Ein überzeugender Sieg für Hillary Clinton, aber keine Begeisterung. Die beiden Favoriten haben ganz klar gewonnen, aber alle ihre Konkurrenten auch. Zumindest ein bisschen.

Mindestens sieben gewonnene Staaten verleihen Trump noch mehr Macht, auch Clinton ist nach derer sieben weiter voll auf Kurs Richtung Nominierung. Ted Cruz ist auch ein Sieger, aber Bernie Sanders ebenso. Spät am Abend schnappt sich Marco Rubio mit Minnesota ganz dringend benötigte, letzte Zentimeter Rettungsseil, aber dieses könnte doch zu kurz sein.

Alle reklamieren nach diesem bislang wichtigsten Tag im US-Vorwahlkampf ein Stück vom Kuchen für sich. Bernie Sanders gewinnt immerhin vier von elf Staaten, und wirklich knapp ist es nirgends. Er entfacht weiter grösste Begeisterung. Hillary schleppt ihr Problem mit den Jungen weiter mit sich, mit ihrer Glaubwürdigkeit und mit ihren E-Mails. Trotzdem: Sieben von elf Staaten gewonnen, davon mit Texas das Sahnestück und auch alle anderen mit den meisten Delegierten, das ist ein guter Abend für sie.

Trump gewinnt mit Staaten wie Alabama und Massachusetts die allerunterschiedlichsten Wähler für sich, und erneut haben ihn überall so gut wie alle Gruppen unterstützt. Überzeugte Konservative, Evangelikale, Moderate, Arbeiter, höher Gebildete, Menschen ohne Abschluss, dazu kommen die üblichen Mitläufer und Siegerbewunderer. Der «Super-Tuesday» hat diese wachsende Welle nicht gebrochen.

Sehnsucht nach einem starken Mann
Es gibt in diesen Tagen beunruhigende Studien, die das sprungartige Anwachsen der Trump-Bewegung mit der Sehnsucht nach einem starken Mann erklären. Mit dem Wunsch, all die Veränderungen im Land (weniger Weisse, mehr Liberalität, sieben Jahre Obama) und der Welt (Globalisierung, sinkender Einfluss der USA) mögen rasch geheilt werden: Grenzen dicht, Andersartigkeit raus. Was sich hier kristallisiert, ist nicht mehr der Kern der Republikanischen Partei oder des Konservatismus, das ist etwas Neues.

Vox.com zitiert Politikforscher, die überzeugend darlegen, Trump sei erst der Anfang einer grundstürzenden Entwicklung: die USA auf dem Weg zu einem Obrigkeitsstaat. Perfekt verkörpere Trump die Führungseigenschaften des Autoritarismus: simpel, mächtig, strafend.

Was man auf allen Veranstaltungen und in fast jedem Gespräch immer wieder hört: Trump, endlich jemand, der unsere Sprache spricht. Der sagt, was ist. Mit seiner zur Schau getragenen Radikalität befriedigt Trump den offensichtlich weit verbreiteten Wunsch nach vermeintlich einfachen Lösungen, der – in einem Land mit weniger als 5 Prozent Arbeitslosen – im Slogan «Let’s make America great again» gerinnt.

Sehr, sehr spät wachen nun die Republikaner auf und zetteln eine echte Revolte an. Gegen den eigenen Mann, wohlgemerkt. Entsetzt starrt das Establishment auf seinen Bewerber, der bislang in beinahe allen Staaten Erster oder Zweiter wurde. Der weiter mit maximalem Dampf zur Nominierung unterwegs ist. Den sie schon lange nicht mehr kontrollieren. Trump gilt ihnen nur als Zerrbild eines Konservativen.

Während die Republikaner in ihren Bürgerkrieg («Washington Post») abstürzen, verbreitert Trump seine Basis. Staat für Staat.

Ted Cruz wird nicht müde, das zu betonen. Dass er seinen Heimatstaat Texas gewinnen würde, war zu erwarten, Oklahoma nicht unbedingt. Er zieht daraus am Abend eine geradezu lodernde Siegeszuversicht. «Ein Trump-Sieg wäre ein Debakel!», ruft er theatralisch der Partei zu, hinter ihm mögen sich alle versammeln, niemand sonst könne Trump schlagen, ein solcher Präsident sei doch peinlich für die Kinder.

Vorentscheidung  am 15. März?
Marco Rubios Lächeln gerät nach einem ganz schlechten Abend etwas schief. Unendlich müde sieht er aus. Nur einen Staat gewonnen, wenig Delegierte bekommen, unsanft kollidiert der selbst erklärte Hoffnungsträger der Mitte mit der Härte der Wahlkabinen.

Was heisst das alles für das weitere Jahr und die Wahl am 8. November?

Der 15. März könnte dann die Vorentscheidung bringen. Gewinnt Trump Florida (Rubios Heimatstaat) und Ohio, wonach es in allen Umfragen aussieht, dann wird es schwer für Cruz & Co. Beides sind «Winner takes all»-Staaten, der Sieger bekommt alle Delegierten, und das sind dort viele. Nach diesem Powermonat März wird man mehr wissen, aber vielleicht dauert es in diesem verrückten Wahljahr auch noch länger.

Jedenfalls: Würde jetzt USA-weit gewählt, würde Trump nach einer CNN-Umfrage sowohl gegen Clinton als auch gegen Sanders verlieren. Interessanterweise schneidet Sanders dabei im direkten Vergleich sehr viel besser ab als Clinton, auch wenn es gegen Rubio oder Cruz ginge. Es gibt ernstzunehmende Stimmen und Studien, die sagen, der einzige, der Trump besiegen könne, sei in der Tat der 74-jährige Sanders.

Diese Umfragen sind acht Monate vor der Wahl freilich nur eine Momentaufnahme. Und ob alle, die Trump tatsächlich wählen, auch den Mut haben, sich zu bekennen? Man wird in den nächsten Wochen immer weniger mutig sein müssen, Trump gut zu finden. Wie sagt er selber? «Tut mir ja leid, aber ich bin jetzt Mainstream.» Trump hat bisher alle überrascht. Alle. Kaum jemand, der ihn nicht unterschätzt hätte. Die Wahl zum 45. Präsidenten der USA ist ein völlig offenes Rennen. (awp/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar