US-Präsident Obama auf dem Weg zu einer heiklen Mission in St. Petersburg. (Official White House Photo by Pete Souza)
St. Petersburg – Die Chancen für einen politischen Ausweg aus der Syrien-Krise sind beim G20-Gipfel im russischen Sankt Petersburg verschwindend gering. US-Präsident Barack Obama hat innenpolitische Rückendeckung für eine militärische Strafaktion gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gewonnen. Russlands Präsident und Gastgeber Wladimir Putin nennt Beweise der USA für eine Schuld Assads wertlos.
Die Syrien-Krise – offiziell nicht auf der Tagesordnung des zweitägigen Gipfels – dürfte die Aufmerksamkeit für Wirtschaftsthemen wie Banken-Kontrolle, Kampf gegen Steueroasen und aktive Wachstumspolitik mindern.
Bislang blockieren die Veto-Mächte Russland und China im Sicherheitsrat jedes Vorgehen gegen Assad. Die USA machen ihn für einen Chemiewaffeneinsatz verantwortlich, der am 21. August mehr als 1.400 Menschen das Leben kostete. Obama hat die Entscheidung über eine Militäraktion auf die Zeit nach dem G20-Gipfel vertagt. Er sucht Unterstützung beim Kongress. Dort schlagen sich nun mehr und mehr Abgeordnete auf seine Seite.
Einsatz auf maximal 60 Tage befristet
Wie unter anderem die «Washington Post» berichtete, will sich der aussenpolitische Ausschuss des US-Senats für eine begrenzte Militäroperation aussprechen. Der Einsatz soll bis zu 60 Tagen dauern. Obama dürfe dann nach Unterrichtung des Kongresses um 30 Tage verlängern.
Besuch in Schweden
Vor dem Gipfel wollte Obama in Stockholm auch mit den politischen Spitzen Schwedens, Norwegens, Dänemarks, Finnlands und Islands über Syrien beraten. Der Besuch in Schweden war möglich geworden, nachdem Obama eine Einladung Putins aus Ärger über Russlands Asyl für Ex-Geheimdienstmitarbeiter und «Whistleblower» Edward Snowden ausgeschlagen hatte.
Obama erneuert Kritik an Russland
Nach einem Treffen mit Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt machte Obama seine Entschlossenheit, militärisch zuzuschlagen, noch einmal deutlich: «Wir sind sehr davon überzeugt, dass Chemiewaffen angewandt wurden und dass Herr Assad die Quelle dafür ist.» «Das internationale Handeln wäre sehr viel effizienter, wann Russland das Thema anders angehen würde», sagte Obama.
Putin: «Unsinn»
Putin bezeichnete die Giftgasvorwürfe erneut als «Unsinn». «Chemiewaffen sind für eine Armee immer das letzte Mittel in der Not, aber in Syrien ist das Militär doch derzeit im Aufwind», sagte er laut Interfax.
Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, bezweifelte Putin weiter die Verantwortung der Assad-Truppen für den Angriff. Sollte es Beweise geben, werde Russland angemessen reagieren, sagte Putin in einem Gespräch mit dem russischen Staatsfernsehen und der US-Nachrichtenagentur AP am Mittwoch. «Wenn objektive Angaben darüber vorliegen, wer diese Verbrechen begangen hat, werden wir reagieren. Aber es wäre unkorrekt zu sagen, wir werden dann dies oder jenes tun.»
Einzeltreffen mit Xi Jinping, Abe und Hollande
In St. Petersburg will der US-Präsident nach Angaben von Diplomaten mit Chinas Präsident Xi Jinping, Japans Premier Shinzo Abe und Frankreichs Präsident François Hollande jeweils allein beraten. Ob Obama und Putin, die grundsätzlich ein schlechtes Verhältnis haben, allein miteinander reden, war offen.
Thema Schattenbanken weit vorne auf der Traktandenliste
Aus der langen Reihe wirtschaftspolitischer Themen rückte vor dem Gipfel das Thema Schattenbanken nach vorn. Die deutsche Regierung kritisierte Pläne der EU-Kommission zur Regulierung von Geldmarktfonds als unzureichend. Geldmarktfonds gehören zum Billionen schweren Schattenbanken-Sektor. Es sei gut, dass es Vorschläge gebe, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Die Kommissionspläne fielen aber hinter Empfehlungen etwa des Finanzstabilitätsrates (FSB) der G20-Länder zurück.
Die Gipfelrunde will zudem den «St. Petersburg-Aktionsplan» beschliessen: Angestrebt wird ein dauerhaftes Wachstum der Weltwirtschaft, um Arbeitsplätze zu schaffen. Mittelfristig sollen die Staatsfinanzen saniert werden, Ziele und Fristen dafür sind aber sehr umstritten. Zudem will die G20 wollen gegen Steuertrickser und Steueroasen vorgehen. (awp/mc/pg)