UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.
New York / Damaskus – Die fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat haben sich nach Angaben westlicher Diplomaten auf einen ersten vorläufigen Text für eine neue Syrien-Resolution geeinigt. Möglicherweise könnte bereits an diesem Freitag über das Dokument abgestimmt werden, hiess es am Mittwoch in New York. Dagegen meldeten russische Agenturen unter Berufung auf die russische Delegation, es habe bislang keine Einigung in New York gegeben.
Nach Angaben westlicher Diplomaten soll unter den ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates ein «vorsichtiger Optimismus» herrschen. Die Einigung sei bei einem Treffen der UN-Botschafter der Veto-Mächte Russland, China, Frankreich, Grossbritannien und der USA erzielt worden. Zuvor hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das Thema Syrien mit den Aussenministern der fünf Veto-Mächte besprochen. Der Inhalt des Texts sei eng an den zwischen Russland und den USA in Genf vereinbarten Abrüstungsplan für Syrien angelehnt, hiess es.
Russisches Dementi
Dem widersprach die russische Seite. «Die angeblichen Berichte, wonach die fünf Veto-Mächte des Sicherheitsrates sich auf den Kern einer Syrien-Resolution geeinigt haben, stimmen nicht», zitierte die Agentur Interfax einen namentlich nicht genannten Diplomaten in New York. «In der russischen Delegation war man äusserst verwundert über diese Informationen», hiess es weiter.
Der Sicherheitsrat ist bei dem Thema Syrien seit Beginn des Konflikts gespalten, weil Syriens enger Verbündeter Russland sowie China keine Resolution mit Strafmassnahmen gegen das Regime zulassen wollen. Die USA beharren auf Strafmassnahmen gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad nach Kapitel VII der UN-Charta, sollte Syrien bei der Vernichtung seiner Giftgas-Bestände Widerstand leisten.
Assad: «Amerikanische Lügen»
Assad sagte zur Rede von US-Präsident Barack Obama vor der UN-Vollversammlung in New York: «Diese Rede ist wie seine vorherigen Reden voller Behauptungen, die auf Fälschungen basieren und viele Lügen beinhalten.» Die meisten Erklärungen der Verantwortlichen der US-Regierung hätten nicht die «mindeste Glaubwürdigkeit», sagte Assad in einem am Mittwochabend ausgestrahlten Interview des venezolanischen TV-Senders Telesur. «Seit dem Anfang der Krise in Syrien basieren die US-Erklärungen auf Lügen.»
UN-Experten wieder in Syrien
Die UN-Chemiewaffeninspekteure nahmen unterdessen ihre Suche nach Giftgas-Spuren in Syrien wieder auf. Das Team unter Leitung von Åke Sellström sei am Mittwoch in einem Hotel der syrischen Hauptstadt Damaskus eingetroffen, sagte ein UN-Mitarbeiter. Die Untersuchungen der Experten haben nicht mehr die gleiche Brisanz wie bei ihrem ersten Einsatz im August. Denn das Assad-Regime hat inzwischen der Vernichtung seiner Chemiewaffen zugestimmt und dadurch einen angedrohten Angriff der USA verhindert.
Bei ihrem ersten Aufenthalt hatten die Inspekteure den Einsatz von Sarin-Gas in mehreren Dörfern im Umland von Damaskus festgestellt. Nun sollen sie drei weitere Orte in den Provinzen Aleppo und Idlib untersuchen, an denen Giftgas eingesetzt worden sein soll.
Syrische Opposition im Abseits
Die syrische Opposition und die mit ihnen verbündete Freie Syrische Armee (FSA) geraten derweil immer mehr ins Abseits. 13 islamistische Brigaden, darunter auch die zahlenmässig starke Al-Nusra- Front, erklärten, die Nationale Syrische Allianz (SNC) mit Sitz in Istanbul könne mit dem Regime nicht in ihrem Namen verhandeln. In der Erklärung heisst es: «Alle Gruppen, die im Ausland gegründet werden und die keinen Bezug haben zu dem, was im Land selbst geschieht, vertreten uns nicht und werden von uns auch nicht anerkannt.» Das Ziel der Brigaden sei die Durchsetzung des islamischen Rechts («Scharia»).
Der Revolutionsrat der Stadt Aleppo teilte mit, er lehne alle Verhandlungen ab, solange nicht garantiert sei, dass Assad und die führenden Funktionäre des Sicherheitsapparates zurücktreten. (awp/mc/ps)