Terror-Ermittler haben neue Spur – Trauer in Barcelona

Terror-Ermittler haben neue Spur – Trauer in Barcelona
Spaniens Innenminister Juan Ignacio Zoido.

Barcelona – Drei Tage nach der Terrorattacke von Barcelona mit mehr als einem Dutzend Toten haben die Ermittler in Spanien weiter nach dem Fahrer des Anschlagswagens gefahndet. Medienberichten zufolge gilt der 22-jährige Marokkaner Younes Abouyaaqoub als Hauptverdächtiger. Allerdings konnte Polizeichef Josep Lluis Trapero am Sonntag nicht bestätigen, dass Abouyaaqoub den Lieferwagen tatsächlich gesteuert hat. In der Basilika Sagrada Familia in Barcelona wurde mit einer Trauerfeier der Terroropfer gedacht.

Bei dem Anschlag auf der Flaniermeile Las Ramblas waren am Donnerstag mindestens 13 Menschen getötet worden. Wenige Stunden später starb zudem eine Frau in der südlich gelegenen Küstenstadt Cambrils, wo offenkundig ein weiterer Anschlag vereitelt wurde. Die Frau wurde von Verdächtigen auf der Flucht überfahren.

Neue Spur
Die Sicherheitskräfte erklärten nun am Sonntag via Twitter, es gebe eine neue Spur. «Wir sind sehr nah an einer Person dran, die mit beiden Attentaten in Verbindung steht.» Welche Rolle die Person genau gespielt haben könnte, blieb zunächst offen.

Die Behörden gehen davon aus, dass die Attacken in Barcelona und Cambrils von einer islamistischen Terrorzelle mit zwölf Mitgliedern verübt wurden. Fünf mutmassliche Terroristen wurden in Cambrils erschossen, vier festgenommen. Die Identität von drei weiteren ist geklärt. Nach ihnen werde gefahndet, sagte Trapero. Es könnte aber sein, dass zwei von ihnen bereits tot seien, da nach einer Explosion am Mittwoch in den Trümmern eines Hauses in Alcanar die Überreste von mindestens zwei Menschen gefunden worden seien.

Explosion in Alcanar
Im Zusammenhang mit dem Anschlag in Barcelona und dem vereitelten Angriff in Cabrils wird auch die Explosion in Alcanar gesehen. Die Beamten vermuten, dass die Gruppe dort Sprengstoff lagerte und ein oder mehrere noch grössere Attentate als in Barcelona vorbereitete. Welche Ziele die Gruppe genau verfolgte, wurde zunächst nicht bekannt.

Neben dem mutmasslichen Terror-Fahrer Abouyaaqoub richtet sich die Aufmerksamkeit der Ermittler auch auf einen Imam, bei dem es sich um den Kopf der Zelle handeln soll. Abdelbaki Es Satty predigte bis Juni in der Moschee der Ortschaft Ripoll rund 100 Kilometer nördlich von Barcelona. Er verbüsste eine vierjährige Haftstrafe wegen Drogenhandels und soll auch Kontakte zu den Verantwortlichen der Zuganschläge 2004 in Madrid gehabt haben, wie die Zeitung «El País» berichtete. Ob der Geistliche noch am Leben ist, ist unklar. Möglicherweise kam er bei der Explosion in Alcanar ums Leben.

Messe
An der Messe in dem weltberühmten, von Antoni Gaudí entworfenen Gotteshaus nahmen auch das spanische Königspaar Felipe VI. und Letizia, Ministerpräsident Mariano Rajoy, der portugiesische Präsident Marcelo Rebelo de Sousa teil. Erzbischof Juan José Omella verlas eine Botschaft von Papst Franziskus, in der dieser Angehörigen und Verletzten sein Beileid aussprach. Weihbischof Sebastià Taltavull sagte: «Es waren Tage von Tränen und Menschlichkeit.» Das Volk habe keine Angst.

Die Mutter des Hauptverdächtigen Abouyaaqoub appellierte an ihren Sohn, sich zu stellen. «Mir ist es lieber, er kommt ins Gefängnis, als dass er stirbt», sagte sie am Samstag bei einer Versammlung der muslimischen Bewohner von Ripoll.

Viele Verletzte noch in Krankenhäusern
Der spanische Innenminister Juan Ignacio Zoido hatte am Samstag bereits erklärt: «Wir können sagen, dass die Zelle von Barcelona total zerschlagen ist.»

Zwei Tage nach dem Attentat lagen noch 54 Terroropfer verletzt im Krankenhaus, wie die katalanischen Notfalldienste mitteilten. Zwölf Patienten seien in kritischem Zustand, 25 weitere schwer verletzt – darunter viele Ausländer. Nach Angaben des Auswärtigen Amts wurden 13 Deutsche verletzt, zwei davon lebensgefährlich. Eine der beiden Frauen sei in einem extrem kritischen Zustand.

IS reklamiert Angriffe
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Angriffe in Spanien für sich. Mehrere Glaubenskämpfer hätten sie ausgeführt und «Kreuzfahrer» ins Visier genommen, teilte der IS im Internet mit. Die Echtheit der Erklärung liess sich zunächst nicht eindeutig verifizieren.

Der spanische König Felipe VI. und seine Frau Letizia legten am Samstag am Ort des Terroranschlags von Barcelona ebenso Blumen nieder wie der deutsche Aussenminister Sigmar Gabriel. «Wir haben keine Angst und werden niemals Angst haben», sagte der Monarch. Rund 200 Muslime marschierten unter dem Motto «Wir sind Muslime, keine Terroristen» über die Ramblas.

Debatte um Sicherheit in Deutschland
Der Anschlag von Barcelona entfachte in Deutschland die Debatte um die Sicherung deutscher Grossstädte vor Attacken mit Fahrzeugen neu. Der Deutsche Städtetag unterstützte die Forderung von Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), Innenstädte durch bauliche Massnahmen wie Poller besser zu schützen. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy, warnte jedoch, sich bei der Stadtgestaltung von der Gefahr bestimmen zu lassen. (awp/mc/ps)

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