Theologe Hans Küng verstorben
Tübingen – Der international renommierte Professor für ökumenische Theologie und prominente Kirchenkritiker Hans Küng ist tot. Wie die Universität Tübingen mitteilt, verstarb er am Dienstag in seinem Haus in Tübingen.
„Mit Hans Küng verliert die Universität Tübingen einen produktiven Forscher, einen überaus schöpferischen Gelehrten und einen exzellenten Theologen“, sagte der Rektor der Universität, Professor Bernd Engler. „Küng hat mit dem Institut für Ökumenische Forschung und dem Weltethos-Institut an unserer Hochschule Einrichtungen von bleibender Bedeutung geschaffen und damit die Universität tiefgreifend geprägt. Mit seinem weltweit anerkannten Einsatz für Kirchenreformen und für den Dialog der Religionen hat er massgeblich zum internationalen Ansehen der Universität Tübingen beigetragen.“
Küng wurde 1928 in Sursee im Kanton Luzern geboren. Er studierte an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und promovierte am Institut Catholique in Paris. 1954 erhielt er die Priesterweihe. 1960 wurde Küng als ordentlicher Professor für Fundamentaltheologie an die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Tübingen berufen. Drei Jahre später wurde er zusätzlich Direktor des von ihm gegründeten Instituts für Ökumenische Forschung.
Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis
Der Theologe äusserte wiederholt Kritik am Papst und an der katholischen Kirche. Zur Jahreswende 1979/80 reagierte der Bischof von Rottenburg-Stuttgart auf Druck von Papst Johannes Paul II. und der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis. Um Küng eine weitere Lehrtätigkeit an der Universität Tübingen zu ermöglichen, einigten sich die Landesregierung, die Universitätsleitung und der Theologe auf einen Kompromiss: Die Hochschule gliederte sein Institut für Ökumenische Forschung aus der Katholisch-Theologischen Fakultät aus und unterstellte es direkt dem Senat – ein einmaliges Modell in der Geschichte der Universität Tübingen.
Weltweites Ansehen
Als Pionier des interreligiösen Dialogs und für seinen Einsatz für ein Kulturen und Religionen übergreifendes Menschheitsethos, ein „Weltethos“, erlangte Hans Küng weltweites Ansehen in allen Weltreligionen. Unter seiner Federführung verabschiedete das „Parlament der Weltreligionen“ im Jahr 1993 die „Erklärung zum Weltethos“, 1995 wurde in Tübingen die Stiftung Weltethos gegründet, deren Präsident Küng bis 2013 war. Mithilfe seiner herausragenden Kontakte gelang es Küng mehrfach, hochrangige Weltethos-Redner nach Tübingen einzuladen, darunter den damaligen UNO-Generalsekretär Kofi Annan, den damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, Friedensnobelpreisträger Bischof Desmond Tutu oder die Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Mary Robinson
2012 gründete die Stiftung Weltethos mit massgeblicher Förderung der Karl Schlecht Stiftung das Weltethos-Institut als An-Institut der Universität Tübingen. Dort forschen Wissenschaftler zu Fragen der Globalisierungsethik, Wirtschaftsethik und des Interkulturellen Lernens. Gleichzeitig organisiert es Lehrveranstaltungen zu ethischen Fragen, besonders in den Bereichen Wirtschaft und Religion.
Für seine Forschung und sein Engagement erhielt Küng zahlreiche Ehrungen und Preise, darunter 1998 den Theodor-Heuss-Preis, 2002 den Göttinger Friedenspreis und 2003 das Grosse Bundesverdienstkreuz mit Stern. (mc/pg)