Heinrich Hiesinger, Vorstandsvorsitzender ThyssenKrupp.
Essen – Die gute Wirtschaftslage gibt dem vor einem weitreichenden Umbau stehenden Stahl- und Industriegüterkonzern ThyssenKrupp weiter Auftrieb. Im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres setzte das Unternehmen nach eigenen Angaben vom Freitag so viel um wie seit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise Ende 2008 nicht mehr.
Auch die Bestellungen stiegen auf den höchsten Wert seit mehr als zwei Jahren. Der Gewinn legte kräftig zu. Dank Verbesserungen in den anderen Sparten konnte der Konzern die hohen Anlaufverluste in den neuen Stahlwerken in den USA und Brasilien mehr als wettmachen. Allerdings stieg auch die Schuldenlast weiter an.
Höhere Schulden
Mit 6,5 Milliarden Euro stand die Dax-Gesellschaft Ende März bei ihren Gläubigern in der Kreide, das sind 2,7 Milliarden mehr als vor sechs Monaten. Das liegt vor allem an den nun voll zu Buche schlagenden Kosten für die Investition in die neuen Fabriken. Die hohen Schulden sind auch der Grund für die nun anstehenden Einschnitte. Der seit Januar amtierende Vorstandschef Heinrich Hiesinger will sich von rund einem Viertel des Geschäfts trennen, um sich Spielräume für Investitionen in Zukunftstechnologien zu schaffen.
Geschäft läuft immer besser
Auf der Verkaufsliste stehen die gesamte Edelstahlsparte und Teile der Autozulieferaktivitäten. Der Aufsichtsrat soll im Laufe des Tages den Plänen zustimmen. Die Arbeitnehmer wollen die Verkaufspläne mittragen, da der Konzern zugesichert hat, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Insgesamt sind nach Konzernangaben von den Umbauplänen rund 35.000 der derzeit rund 180.000 Beschäftigten betroffen, 14.000 davon in Deutschland. Operativ laufen die Geschäfte immer besser. Zwischen Januar und März legte der Umsatz um knapp ein Viertel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 12,3 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich blieb mit 272 Millionen Euro rund ein Drittel mehr übrig. Der operative Gewinn (EBIT) legte sogar um 79 Prozent auf 497 Millionen Euro zu.
Gewinne in allen Sparten ausser Americas
Alle Sparten bis auf das neue Stahlgeschäft Steel Americas lieferten Gewinne. So verdiente allein das europäische Stahlsegment dank des Nachfragebooms von Auto- und Maschinenbau operativ 300 Millionen Euro. Im Grossanlagenbau (Plant Technology) erzielte der Konzern sogar einen Rekordgewinn. «Wir profitieren von steigenden Mengen und Preisen», sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger.
Wiederum hoher Anlaufverlust
Dagegen fiel erneut ein hoher Anlaufverlust von rund 320 Millionen Euro in den neuen Stahlwerken an, das war allerdings schon weniger als im Vorquartal. In der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres rechnet ThyssenKrupp nun mit einer deutlichen Verbesserung. So habe etwa im April endlich die zweite Batterie der Kokerei in Brasilien den Betrieb aufgenommen. Wegen Qualitätsproblemen hatte sich das verzögert und der Konzern musste mehr extern zukaufen. Insgesamt rechnet ThyssenKrupp im Gesamtjahr durch Steel Americas mit einer «höheren» dreistelligen Ergebnisbelastung.
Prognose bestätigt
An seinem optimistischen Ausblick hielt der Vorstand fest. Demnach soll der Umsatz von 42,6 Milliarden Euro um 10 bis 15 Prozent wachsen, der operative Gewinn von 1,2 Milliarden auf 2 Milliarden Euro. (awp/mc/upd/ps)