Tognum pokert um höhere Übernahmeofferte
Tognum-CEO Volker Heuer.
Friedrichshafen – Der von Daimler und Rolls-Royce umworbene Motorenbauer Tognum pokert hartnäckig um eine höhere Übernahmeofferte. Sowohl Vorstandschef Volker Heuer als auch Vertreter der Aktionäre kritisierten die angebotenen 24 Euro je Aktie auf der Hauptversammlung des Dieselmotorenherstellers am Mittwoch in Friedrichshafen erneut als zu niedrig.
Bisher will zu diesem Preis auch kaum jemand seine Aktien verkaufen. Doch noch zeigen die Bieter keine Nerven und legen nicht nach. Die Angebotsfrist läuft in einer Woche, am 18. Mai um Mitternacht, ab. Bis zu 24 Stunden vorher könnten die Schwaben und die Briten ihre Offerte noch nachbessern, die Frist würde sich dann um zwei Wochen bis Anfang Juni verlängern. Ein Daimler-Sprecher sagte: «Es gibt von unserer Seite nichts Neues zu berichten.»
Aktonärsvertreter verlangen Nachschlag
Aber auch die andere Seite zeigt sich selbstbewusst. Der Preis spiegele nicht die gute Entwicklung und die künftigen Wachstumsaussichten des Dieselmotorenbauers wider, betonte Heuer. Die Friedrichshafener sehen sich am Beginn einer Aufschwungphase. Nach einem starken Jahresauftakt rechnet Tognum im laufenden Jahr mit deutlichen Zuwächsen bei Umsatz (2010: 2,6 Milliarden Euro) und Ergebnis (2010: 63,2 Millionen Euro). Auch mehrere Aktionärsvertreter verlangten einen spürbaren Nachschlag von Daimler und Rolls-Royce. Der frühere Tognum-Familiengesellschafter Albrecht Graf von Brandenstein-Zeppelin sagte, Tognum sei ein starkes Unternehmen, das nicht unbedingt unter den Mantel von Daimler schlüpfen müsse.
Tognum-Papiere notieren über Angebotspreis
Herbert Wild von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) betonte, Tognum stehe mittlerweile deutlich besser da als noch beim Börsengang 2007. Der Angebotspreis von 24 Euro entspricht etwa dem Ausgabepreis von 2007. Seit die Übernahmepläne Anfang März bekanntwurden, notieren die Tognum-Papiere über dem Angebotspreis, am Mittwochnachmittag bei rund 26,20 Euro. Die Bieter argumentieren dagegen, die Offerte sei ein Aufschlag von 30 Prozent auf den Aktienkurs vor Bekanntwerden der Übernahmepläne.
«Meine Empfehlung: Wer Aktien hat, sollte sie behalten.»
Wild sagte: «Meine Empfehlung: Wer Aktien hat, sollte sie behalten.» Das haben viele Anteilseigner bisher auch getan: Zuletzt wurden Daimler und dem Triebwerkbauer Rolls-Royce lediglich 0,02 Prozent des Aktienkapitals von den Aktionären angeboten. Hinzu kommt der Anteil von 28,43 Prozent, den Daimler einbringt. Die Briten und die Schwaben wollen das Angebot nur durchziehen, wenn sie mehr als 50 Prozent der Aktien bekommen.
Übernahme aus unternehmerischer Sicht wünschenswert
Einig sind sich Tognum und die Bieter, dass die Übernahme aus unternehmerischer Sicht wünschenswert ist. «Die Produktportfolien und Marktzugänge der Unternehmen würden sich auf attraktive Weise ergänzen», betonte Heuer. «Insbesondere die Zusammenarbeit von Tognum und Rolls-Royce würde zusätzliche neue Möglichkeiten aufzeigen.» Daimler und Rolls-Royce wollen Tognum zu einem weltweiten Marktführer für Industriemotoren weiterentwickeln. Das Unternehmen gehörte bis Ende 2005 zu Daimler, damals unter dem Namen MTU Friedrichshafen. Dann verkaufte der frühere Daimler-Chef Jürgen Schrempp den Spezialisten für Motoren etwa für Frachtschiffe, Yachten, Züge oder Panzer an den schwedischen Finanzinvestor EQT. Nach dem Börsengang stieg Daimler 2008 wieder bei Tognum ein. (awp/mc/ss)