Tokio – Der angeschlagene japanische Technologiekonzern Toshiba erwägt nach einem massiven Quartalsverlust nun offiziell einen Börsengang seines Stromzähler-Unternehmens Landis+Gyr. Der Börsengang der Toshiba-Tochter mit Sitz in Zug sei eine der «strategischen Alternativen», die derzeit erwogen würden, ist den am Dienstag publizierten Präsentationsunterlagen zum Neunmonatsergebnis von Toshiba zu entnehmen.
Toshiba hat am Dienstag für die ersten neun Monaten des am 31. März beendeten Geschäftsjahres einen massiven Verlust in Höhe von 552,4 Mrd JPY (5,04 Mrd CHF) ausgewiesen. Der japanische Konzern hatte nach einem Bilanzskandal und der folgenden Radikalsanierung hohe Verluste eingefahren. Hinzu kamen massive Probleme im US-Atomkraftwerksgeschäft: Kürzlich wurde bekanntgegeben, dass die US-Atomsparte Westinghouse Electric in die Insolvenz geschickt wurde. Toshiba hatte die Vorlage der Quartalszahlen bereits zwei Mal verschoben.
Speicherchips ebenfalls zu verkaufen
Für das laufende Geschäftsjahr rechnet Toshiba jetzt mit einem Verlust von 1,01 Bio JPY, was laut der Agentur DPA der bisher höchste Fehlbetrag eines japanischen Produktionskonzerns wäre. Im Februar hatte Toshiba noch ein Minus von 390 Mrd JPY in Aussicht gestellt. Die Japaner hatten kürzlich eine Wertberichtigung in Höhe von 712,5 Mrd JPY bekanntgegeben. Auslöser waren Verzögerungen und Kostenüberschreitungen beim Bau von Atomkraftwerken in den USA.
Abgespalten werden soll auch das Geschäft mit Speicherchips. Nach Informationen des «Wall Street Journal» hat Foxconn das höchste Gebot abgegeben. Demnach bietet der taiwanesische Elektronikhersteller bis zu drei Billionen Yen für die Toshiba-Sparte – und würde damit Gebote anderer Interessenten, darunter ein von der japanischen Regierung unterstützter Investmentfonds, deutlich übertreffen. Es gibt jedoch Stimmen innerhalb der japanischen Regierung, die einen Verkauf des Geschäfts ins Ausland wegen der strategischen Bedeutung ablehnen.
Börsengang könnte 2 Mrd erreichen
Über eine mögliche Abspaltung von Landis+Gyr hatte die Nachrichtenagentur Reuters bereits Anfang März berichtet. Danach habe Toshiba die Grossbank UBS damit beauftragt, einen Verkauf oder einen Börsengang der Stromzähler-Tochter zu prüfen. Eine Transaktion könnte bereits im Sommer über die Bühne gehen und ein Volumen von 2 Mrd USD erreichen, hiess es damals.
Landis+Gyr bezeichnet sich selbst als «Anbieter von integrierten Energiemanagement-Lösungen», wozu Smart Metering-Lösungen, Sensoren und Automatisierungstechnik zählen. Im Jahr 2011 hatte Toshiba 60% an dem Unternehmen mit Sitz in der Schweiz übernommen, die restlichen 40% werden von der Innovation Network Corporation of Japan (INCJ) gehalten.
Im Geschäftsjahr 2016 hatte Landis+Gyr einen Umsatz von 1,64 Mrd USD ausgewiesen, was einem Wachstum um fast 5% entsprach. Der Cash Flow wurde mit rund 100 Mio USD beziffert. Das Unternehmen beschäftigt in über 30 Ländern rund 6’000 Mitarbeitende. (awp/mc/upd/ps)