Washington – Die Fehde zwischen Gegnern und Befürwortern des von Donald Trump verhängten Einreisebanns nimmt immer erbittertere Formen an. Während Washington als erster US-Bundesstaat eine Klage gegen Trumps Dekret ankündigte, entliess der Präsident die kommissarische Justizministerin kurz nach deren öffentlicher Kritik an seinem Erlass. Die Demokraten im Kongress proben den Aufstand – und selbst Ex-Präsident Barack Obama mischt sich nur zehn Tage nach seinem Ausscheiden aus dem Amt in die politische Debatte ein.
Washingtons Justizminister Bob Ferguson erklärte, wenn ein Sieg vor dem Bundesgericht in Seattle gelinge, mache dies Trumps Erlass in den gesamten USA ungültig. Das Dekret verstosse aus mehreren Gründen gegen die US-Verfassung. «Niemand steht über dem Gesetz, nicht einmal der Präsident.» In der Erklärung heisst es, die Klage werde mehreren Grosskonzernen unterstützt.
Trump hatte am Freitag einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus den mehrheitlich muslimischen Ländern Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen verfügt. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Zeit. Der Erlass rief in den USA wie international massive Kritik aus Politik, Sport, Kultur und Wirtschaft hervor. Bei Trumps Anhängern und ihm zugeneigten Medien kam der Erlass hingegen sehr gut an: Trump löse genau das ein, was er im Wahlkampf versprochen habe, hiess es.
«Das Justizministerium verraten»
Die noch unter Obama beförderte Generalstaatsanwältin Sally Yates wies die Anwälte des Justizministeriums an, das Einreise-Dekret nicht juristisch zu verteidigen, weil sie nicht überzeugt sei von dessen Rechtmässigkeit. Trump zog daraufhin sofort Konsequenzen und entliess Yates: Sie habe «das Justizministerium verraten», indem sie sich als dessen kommissarische Leiterin geweigert habe, eine rechtliche Anordnung durchzusetzen, die dem Schutz der Bevölkerung diene. Ihre Position übernimmt nun übergangsweise Dana Boente, bislang Generalstaatsanwalt in Virginia.
Etliche Demokraten aus dem US-Kongress demonstrierten vor dem Obersten Gericht des Landes in Washington mit Hunderten Menschen gegen das Einreiseverbot. «Dieses Dekret richtet sich gegen alles, woran wir in Amerika glauben», sagte Chuck Schumer, demokratischer Fraktionschef im Senat. Die USA seien in der Vergangenheit ein «Leuchtfeuer» für Unterdrückte in aller Welt gewesen. Trumps Einreiseverbot dagegen sei unmenschlich. «Wir werden es mit allem, was wir haben, bekämpfen», versprach Schumer.
Kritik an Trumps Dekret wurde auch aus dem US-Aussenministerium laut. In Medienberichten kursierten verschiedene Versionen einer Protestnote, die von einer unbekannten Zahl von Diplomaten unterzeichnet wurde. Darin heisst es, Trumps Dekret mache das Land – anders als behauptet – nicht sicherer. Präsidentensprecher Sean Spicer legte den Diplomaten daraufhin nahe, über ihr Dienstende nachzudenken.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte Trump sehr deutlich. «Das Vorgehen widerspricht nach meiner Auffassung dem Grundgedanken der internationalen Flüchtlingshilfe und der internationalen Kooperation», sagte sie. Der notwendige Kampf gegen den Terror «rechtfertigt in keiner Weise einen Generalverdacht gegen Menschen bestimmten Glaubens, in diesem Falle Menschen muslimischen Glaubens» oder einer bestimmten Herkunft.
Anhaltende Demonstrationen
In vielen US-Städten demonstrierten Tausende Menschen gegen das Dekret. Obamas Sprecher Kevin Lewis erklärte, es gehe dem Ex-Präsidenten ans Herz, wie viele Menschen sich derzeit auf der Strasse und in sozialen Netzwerke für politische Werte, Demokratie und den Schutz der Verfassung engagierten.
Das Weisse Haus erklärte derweil, die Einreise in die USA sei grundsätzlich ein Privileg und kein Recht. Mit seinem Erlass wolle Trump Anschlägen zuvorkommen und nicht nur reagieren, sagte Spicer.
Grosse Verunsicherung herrscht unter den sogenannten Doppelstaatlern, die auch einen Pass eines der betroffenen sieben Länder besitzen. Merkel sagte, das Kanzleramt setze gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt alles daran, besonders für die betroffenen Doppelstaatler die Rechtslage zu klären und deren Interessen mit Nachdruck zu vertreten. (awp/mc/upd/ps)