Trump knickt ein: Reziproke Zölle für 90 Tage auf Eis gelegt

Trump knickt ein: Reziproke Zölle für 90 Tage auf Eis gelegt
US-Präsident Donald Trump. (Flickr/Trump White House Archived/Official White House Photo by Shealah Craighead)

Washington – US-Präsident Donald Trump rudert im internationalen Handelskonflikt zurück und setzt bestimmte gerade in Kraft getretene Zölle für 90 Tage aus. Trump schrieb auf der Plattform Truth Social, er habe eine 90-tägige Pause angeordnet und während dieses Zeitraumes greife ein gesenkter Zollsatz in Höhe von zehn Prozent. Für China gilt das jedoch explizit nicht: Für chinesische Einfuhren hob Trump den Zollsatz vielmehr noch mal an – auf insgesamt 125 Prozent.

Dies kündigte Trump am Mittwoch in einer überraschenden Kehrtwende auf den Sozialen Netzwerken an. China hatte zuvor die abermalige Zollerhöhung durch Trump wieder mit eigenen Gegenzöllen gekontert. Er habe eine 90-tägige Pause und einen erheblich gesenkten reziproken Zoll von 10 Prozent während dieses Zeitraums genehmigt, der ebenfalls sofort in Kraft trete, schrieb Trump. US-Finanzminister Scott Bessent erklärte, die Zollaussetzung solle Zeit für Verhandlungen geben.

Während der 90-tägigen Pause soll es Verhandlungen mit den betroffenen Staaten geben. Trumps Ziel war es von Beginn an unter anderem, andere Länder mit Hilfe der Zölle dazu zu zwingen, Handelsbarrieren für Einfuhren aus den USA abzubauen.

«Es wird eine 90-tägige Pause bei den gegenseitigen Zöllen geben, während diese Verhandlungen laufen», erklärte die Sprecherin des Weissen Hauses, Karoline Leavitt. Das Zollniveau werde auf einen allgemeinen Satz von 10 Prozent gesenkt. Die Ankündigung liess die US-Aktienmärkte am Abend im späteren Handelsverlauf in die Höhe schnellen.

«Das ist Chaos»
Der demokratische Minderheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, kritisierte das wirtschaftspolitische Vorgehen des Präsidenten scharf. «Das ist Chaos», sagte Schumer. «Er ändert die Dinge von Tag zu Tag. Seine Berater streiten sich untereinander und beschimpfen sich gegenseitig. (…) Mit so einer Unberechenbarkeit, so derart mangelhafter Kenntnis dessen, was in der Welt geschieht, kann man kein Land regieren.»

Trumps Finanzminister Scott Bessent bemühte sich indes, das Vorgehen seines Chefs als Erfolg darzustellen – es sei dessen Strategie gewesen, die mehr als 75 Länder dazu gebracht habe, an den Verhandlungstisch zu kommen. Bessent ging auch auf die Marktschwankungen ein, die Trumps Zollpolitik in den vergangenen Tagen verursacht hatte. Die Börsen bekämen nun mehr Gewissheit, argumentierte er.

Das Weisse Haus hatte Spekulationen über eine mögliche Aussetzung des gewaltigen US-Zollpakets zuletzt entschieden zurückgewiesen und diese als «Fake News» bezeichnet. Entsprechende Gerüchte hatten insbesondere in sozialen Medien für Aufsehen und starke Schwankungen an den Börsen gesorgt.

Trump begründet Zoll-Schwenk: Leute sind ängstlich geworden
Trump begründete seinen Schwenk bei den internationalen Zöllen mit der Nervosität der anderen begründet. Die «Leute» seien etwas unruhig und «ein bisschen ängstlich» geworden, sagte Trump bei einer Veranstaltung vor dem Weissen Haus auf die Frage nach seinen Beweggründen für den jüngsten Kurswechsel in der Handelspolitik. «Man muss flexibel sein.» Der US-Präsident sagte bei seinem Auftritt am Weissen Haus, die Märkte hätten sich nach etwas düsterer Stimmung schnell wieder aufgehellt. «Man sagt, es war der grösste Tag in der Finanzgeschichte.» Zu den vorherigen Turbulenzen an den Finanzmärkten infolge seiner Zollpolitik sagte Trump, es handele sich um eine Übergangszeit. «Es ist ein Übergang zur Grossartigkeit.»

Trump argumentierte auch: «Der grosse Schritt ist nicht das, was ich heute gemacht habe.» Der grosse Schritt sei es gewesen, die Zölle überhaupt erst einzuführen, um die Ungleichheiten im Handel mit vielen anderen Ländern anzugehen. «Das erfordert Mut.» Kein anderer Präsident habe das getan, obwohl es notwendig sei.

Analysten zeigten sich erleichtert über den Schritt, der vor allem die Finanzmärkte beruhigen könne. «Sie haben die Pausentaste gedrückt, und der Markt jubelt», sagte Alex Morris, Chefinvestor von F/M Investments. Entwarnung könne man aber nicht geben. Denn es sei unsicher, ob Verhandlungen binnen 90 Tagen zu einem Ergebnis führten. Unterdessen könnten die verunsicherten US-Konsumenten Waren hamstern, um sich vor steigenden Preisen einzudecken und die Inflation erst recht befeuern. Christopher Hodge, Chefökonom USA von Natixis, hält Deals von Trump mit anderen Ländern wie zu seiner ersten Amtszeit für möglich, als sich die Handelspartner zum Kauf bestimmter Waren verpflichteten.

Zollsatz von 125 Prozent für China
Währenddessen spitzt sich der Zollkonflikt zwischen den USA und China immer weiter zu. Trump schrieb, aufgrund des mangelnden Respekts, den China den Weltmärkten entgegenbringe, erhöhe er den Zollsatz auf Einfuhren aus China mit sofortiger Wirkung auf 125 Prozent.

Zuletzt hatte Peking als Antwort auf eine vorherige US-Zollerhöhung in Höhe von 50 Prozent Gegenzölle im gleichen Umfang verkündet – die Sonderzölle auf alle US-Einfuhren sollen nun 84 Prozent betragen und am Donnerstag in Kraft treten, teilte die chinesische Führung mit. Die Volksrepublik hatte schon mehrfach gedroht, mit eigenen Massnahmen auf US-Zölle zu reagieren.

Mit seiner aggressiven Zollpolitik verbreitet Trump an den Märkten weltweit grosse Unsicherheit. Der US-Präsident will mit Zöllen angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren und Produktion in die USA verlagern. Zugleich sollen die Zolleinnahmen dazu dienen, im Wahlkampf versprochene Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren.

«Gefährlich eskaliert»
China hatte sich am Mittwoch über die Zollpolitik Trumps bei der Welthandelsorganisation beschwert. «Die Lage ist gefährlich eskaliert», hiess es in einer Erklärung. Man sei strikt gegen solche «rücksichtslosen» Schritte.

Trump hat die beispiellosen Zölle unter anderem damit begründet, dass er das Handelsdefizit der USA mit anderen Ländern zurückfahren wolle. China hat mit Abstand das grösste Ungleichgewicht: Es werden also deutlich mehr Waren aus der Volksrepublik in die USA verkauft als umgekehrt. (mc/ps)

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