Griechenland steuert auf die Pleite zu

Griechenland steuert auf die Pleite zu
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras. (Foto: primeministergr/Twitter)

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras. (Foto: primeministergr/Flickr)

Brüssel / Athen – Griechenland steuert nach einer dramatischen Wende und gescheiterten Verhandlungen über weitere Finanzhilfen auf eine Staatspleite zu. Die Euro-Finanzminister lehnten am Samstag bei einem Krisentreffen in Brüssel Forderungen der Athener Regierung nach einer nochmaligen Verlängerung des Hilfsprogramms über den 30. Juni hinaus ab. Athen soll aber weiter in der Euro-Zone bleiben.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tispras bekräftigte in Athen, trotz der Eskalation und scharfer Kritik der Euro-Partner die Volksabstimmung über das Spar- und Reformpaket durchzuziehen. Griechenland werde überleben, unabhängig von der Entscheidung der Eurogruppe, das bestehende Hilfsprogramm zu verlängern oder nicht, sagte Tsipras laut griechischen Regierungskreisen.

Programm läuft Dienstagnacht aus
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte nach einem Krisentreffen. «Angesichts der Situation müssen wir mit Bedauern zu dem Schluss kommen, dass das Programm Dienstagnacht ausläuft.» Damit würden bereitstehende Hilfen der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) für Athen von insgesamt gut 18 Milliarden Euro verfallen. Ende Juni muss Athen IWF-Kredite zurückzahlen. Über Konsequenzen berieten die anderen 18 Euro-Finanzminister anschliessend ohne den griechischen Ressortchef Gianis Varoufakis.

Entscheidend wird jetzt sein, wie die Europäische Zentralbank (EZB) reagiert. Nach Angaben von EU-Diplomaten wird die EZB noch am Sonntag beraten. Die EZB stützt griechische Banken schon länger mit Notkrediten, um einen Zusammenbruch des Bankensektors zu verhindern, weil die Griechen Milliarden von den Konten räumen. Die EZB muss entscheiden, ob sie griechische Banken weiter stützt. Dreht sie den Geldhahn endgültig zu, spitzt sich die Lage nochmals zu.

Eurogruppe sprach über «Bankferien»
Nach Einschätzung der Eurogruppe zwingt das Ende des Programms die Athener Regierung zu Notmassnahmen. Dijsselbloem zufolge soll es technische Hilfe von den Geldgeber-Institutionen geben, um die Stabilität des griechischen Finanzsystems zu sichern.

Aus Verhandlungskreisen verlautete, in der Eurogruppe sei über vorrübergehende Bankenschliessungen («Bankferien») und Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland gesprochen worden. Kapitalverkehrskontrollen, die einen weiteren Geld-Abfluss verhindern sollen, können nur von Griechenland beschlossen werden. Es werde schwierig, die Banken am Montag zu öffnen, so ein Diplomat.

«Alles tun gegen Ansteckungsgefahr»
Unmittelbar nach der Referendumsankündigung bildeten sich vor den Geldautomaten in Griechenland lange Schlangen. Einige Geldautomaten waren wegen des Ansturms leer, berichteten Augenzeugen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte: «Wir sind uns völlig klar, dass wir alles tun werden, um jede denkbare Ansteckungsgefahr zu bekämpfen.» Die Euro-Zone sei in den vergangenen fünf Jahren aber stabil geworden. Schäuble bekräftigte wie seine Kollegen, dass Griechenland Mitglied der Euro-Zone und Teil der EU bleibe.

«Das ist kein guter Tag»
Griechenland steuere nun auf akute Schwierigkeiten zu. Es werde schwierig für Athen, Verpflichtungen zu erfüllen. Schon am Samstag seien bei griechischen Banken Einlagen in aussergewöhnlich hohem Niveau abgezogen worden. «Die Enttäuschung ist schon sehr gross. Das ist kein guter Tag», sagte Schäuble weiter. Die Bundesregierung habe in der Frage eine geschlossene Haltung, die Position sei eng abgestimmt mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Die Euro-Länder waren von einer Ankündigung von Tsipras überrascht worden, der ein Referendum für den 5. Juli über die Sparprogramme ansetzte. Schäuble hatte vor dem Krisentreffen erklärt, damit gebe es keine Grundlage mehr für weitere Verhandlungen. Dijsselbloem sagte, die griechische Entscheidung für ein Referendum habe «die Tür für weitere Gespräche» mit Athen geschlossen. Dies sei eine sehr traurige Situation für Griechenland. Athen habe den letzten Vorschlag von EU-Kommission, EZB und IWF abgelehnt.

Griechenland braucht Milliarden
Völlig offen ist die Fragestellung für eine Volksabstimmung, da die Minister kein Programm vereinbaren konnten. Finanzminister Varoufakis bekräftigte in Brüssel, dass das Referendum stattfinden werde: «Wenn das griechische Volk von uns verlangt, auf der gepunkteten Linie zu unterschreiben, werden wir das tun.»

Griechenland braucht dringend frische Milliarden. Am Dienstag muss das Land 1,54 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen. Eine Zahlungsunfähigkeit schon unmittelbar am 1. Juli bei endgültig gescheiterten Verhandlungen gilt aber als ausgeschlossen. Seit 2010 gab es bereits zwei Rettungsprogramme für Athen mit einem Umfang von insgesamt rund 240 Milliarden Euro. (awp/mc/upd/ps)

 

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