Tui hofft auf Auskünfte zum Boeing-Flugverbot
Hannover – Der Reisekonzern Tui hofft auf ein Ende des Flugverbots für die neuen Boeing-Mittelstreckenjets. Die Kosten durch das Startverbot schätzt das Unternehmen in ihren Berechnungen auf insgesamt rund 300 Millionen Euro.
«Das haben wir so bis Ende September bewertet», sagte Tuifly-Sprecher Aage Dünhaupt der Deutschen Presse-Agentur. Sollten die Boeing-Maschinen vom Typ 737 Max jedoch bis Juli wieder abheben, könnte sich der Betrag um 100 Millionen Euro reduzieren. Der Chef des Weltluftfahrtverbands IATA, Alexandre de Juniac, erwartet ein Ende des Flugverbots erst in zehn bis zwölf Wochen.
In Deutschland stand die Einführung der jüngsten Version des Boeing-Verkaufsschlagers beim Tui-Konzern – einem der wichtigsten Kunden für diesen Flugzeugtyp auf dem europäischen Markt – eigentlich im April an. Insgesamt sollten 2019 vier neue Maschinen dieses Typs dorthin ausgeliefert werden. Zur internationalen Tui-Flotte gehören bereits 15 Jets dieses Typs, die bis zum Flugverbot in Grossbritannien und den Benelux-Staaten auf Strecken zu den Kanaren oder den Kapverden im Einsatz waren. Der langjährige Boeing-Kunde Tui will seine Regressansprüche nicht öffentlich machen und setzt auf Zugeständnisse des US-Konzerns.
Leasingverträge verlängert – Maschinen gechartert
Tui hat wegen der Flugplanänderungen beispielsweise Leasingverträge verlängern sowie weitere Flugzeuge chartern müssen. Die Airline hat aktuell einen Flottenpark von 39 Jets, von denen sieben Eurowings überlassen wurden. Bei diesen Maschinen handelt es sich um einen Teil der 14 Flugzeuge, die zuvor an die aufgelöste Air Berlin verliehen worden waren. Sie wurden dann der Tui zurückgegeben.
Von den anderen sieben Jets wurden nur drei in die Flotte integriert – beim Rest waren die Leasingverträge nicht mehr erneuert worden. Zudem setzt die Airline aktuell ab Paderborn einen gecharterten Airbus A321 sowie einen weiteren vom Typ A319 ab Karlsruhe ein.
Beim Absturz einer Boeing 737 Max von Ethiopian Airlines im März und einer Maschine gleichen Typs der indonesischen Fluglinie Lion Air im Oktober waren insgesamt 346 Menschen ums Leben gekommen. In beiden Fällen war möglicherweise die Programmierung des Steuerungssystems MCAS in den Flugzeugen verantwortlich. Der Bordcomputer soll die Nase der Boeing nach unten gedrückt haben. Die Besatzung war nicht mehr in der Lage, den Fehler zu korrigieren.
Weltweites Startverbot
Mitte März verhängten Luftfahrtbehörden in aller Welt ein Startverbot für den Flugzeugtyp. Auch die Auslieferung neuer Maschinen ist gestoppt. Die US-Luftfahrtbehörde FAA soll nun ein von Boeing entwickeltes Update für die MCAS-Software testen und freigeben. Das Flugverbot für die Boeing-Maschinen hatten den Tui-Konzern im vergangenen Winterhalbjahr bis Ende März bereits tiefer in die roten Zahlen getrieben. Der saisontypische Nettoverlust stieg um mehr als ein Fünftel auf 341 Millionen Euro, obwohl der Umsatz um knapp zwei Prozent auf fast 6,7 Milliarden Euro stieg. (awp/mc/ps)