Tui-Travel-Chef Peter Long.
Crawley – Eine starke Nachfrage nach Exklusivreisen und gesunkene Umstrukturierungskosten haben Europas grösstem Reiseveranstalter Tui Travel einen Rekordgewinn beschert. Im abgelaufenen Geschäftsjahr bis Ende September verdiente die wichtigste Tochter des deutschen Reisekonzerns Tui unter dem Strich 138 Millionen britische Pfund (170 Mio Euro), fast zwei Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Trotz der Rezession in Europa will Tui-Travel-Chef Peter Long den Steigflug fortsetzen, wie er ankündigte. Die Aktionäre können mit einer höheren Dividende rechnen.
Die Tui-Travel-Aktie reagierte mit einem Kurssprung auf die Nachrichten, nachdem Analysten mit weniger Gewinn gerechnet hatten. Zu Handelsbeginn in London legten die Titel um 1,90 Prozent auf 274,10 britische Pence zu. Die Aktie des Mutterkonzerns Tui gewann in Frankfurt 1,40 Prozent auf 7,726 Euro. Tui hält rund 56 Prozent der Tui-Travel-Aktien und will die eigene Jahresbilanz am 19. Dezember vorlegen. Analyst Johannes Braun von der Commerzbank rechnet damit, dass die Zahlen dann ebenfalls sehr gut ausfallen werden.
Weniger bringt mehr
«Das Jahr hat viele Erfolge gebracht», sagte Long. Dabei zahlte sich aus, dass das Unternehmen auf Teile des Massengeschäfts verzichtet und lieber weniger Reisen mit einer höheren Gewinnspanne verkauft. Ausserdem buchten mehr Menschen ihre Pauschalreisen über das Internet und in den Reisebüros des Veranstalters. Dabei ging der Umsatz zwar insgesamt um zwei Prozent auf 14,5 Milliarden Pfund zurück. Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn legte jedoch um vier Prozent auf 490 Millionen Pfund zu.
Dass der Überschuss noch deutlich kräftiger wuchs, verdankte Tui Travel den gesunkenen Kosten für Übernahmen und Umstrukturierungen im Konzern. Die Dividende orientiert sich allerdings am operativen Geschäft: Sie soll um vier Prozent auf 11,7 Pence je Aktie steigen.
Höhere Ziele
Für die kommenden fünf Jahre hat sich Long nun ein neues Ziel gesetzt. Der operative Gewinn soll im jährlichen Schnitt um sieben bis zehn Prozent wachsen. Dazu sollen die Pauschalreisen ebenso beitragen wie Spezial- und Aktivreiseangebote und das Online-Hotelgeschäft.
Von den Buchungen für die laufende Wintersaison sieht sich der Manager bestärkt. Obwohl Tui Travel etwa in Deutschland weniger Reisen anbietet als vor einem Jahr, gingen bisher zwei Prozent mehr Buchungen ein. Auch in Grossbritannien, wo die Wirtschaftskrise stärker zugeschlagen hat, legen die Buchungen bislang zu.
Abstand zu Thomas Cook
Mit der Entwicklung setzt sich Tui Travel weiter von seinem wichtigsten Rivalen Thomas Cook ab. Der angeschlagene Veranstalter, zu dem Marken wie Neckermann Reisen und die Fluglinie Condor gehören, hatte vor allem wegen Problemen in Grossbritannien und Frankreich zum zweiten Mal in Folge einen Verlust von mehr als einer halben Milliarde Pfund verbucht. Befreit von den Altlasten versucht Thomas Cook mit seiner neuen Chefin Harriet Green derzeit einen Neustart. (awp/mc/pg)