TV-Debatte im US-Wahlkampf: Letzte Chance für Romney?

TV-Debatte im US-Wahlkampf: Letzte Chance für Romney?

Erster Showdown am kommenden Mittwochabend: Mitt Romney, Barack Obama.

Washington – Barack Obama trainiert schon seit Wochen. Sein Sparringspartner für die TV-Debatten ist der prominente Senator und Ex-Präsidentschaftkandidat John Kerry. Kerry übernimmt bei den Übungsstunden die Rolle von Obama-Herausforderer Mitt Romney. Kerrys Hauptaufgabe: Den mitunter langatmigen und professoralen Präsidenten zu kurzen, messerscharfen Antworten zu zwingen. Vor allem bei der ersten Debatte am Mittwochabend (Donnerstag, 3.00 Uhr MESZ) darf Obama keine Schwäche zeigen.

Auch Romney übt schon seit längerem für das Duell mit dem Präsidenten. Sein Trainingspartner ist Rob Portman, ebenfalls ein Senator. Portman will seinem Schützling vor allem eines beibringen: Angriff. Nur eine frontale Attacke auf den Präsidenten könne die Wende bringen, meinen Insider im Republikanerlager. Romney «muss rausgehen und ihm eine Verletzung zufügen», heisst die Strategie.

Besonders Romney  unter Druck
Vor allem bei der ersten der insgesamt drei Debatten – bei der es ausschliesslich um die heissen innenpolitischen Themen geht – steht viel auf dem Spiel. Besonders Romney steht unter Druck. Seit Monaten sehen die Umfragen Obama im leichten Vorteil. Seit drei Wochen weitet sich die Kluft. Die «Washington Post» berichtet, unter Romney-Beratern kursiere bereits die Einschätzung, dass die Rededuelle die einzig echte verbliebene Chance böten, «den entscheidenden Schlag zu landen».

Bis zu 60 Millionen Amerikaner dürften bei der ersten eineinhalbstündigen Debatte in Denver (Colorado) live dabei sein. Kein Wunder, dass die Nervosität spürbar ist, in beiden Lagern. Obama wollte sich bereits am Sonntag zum abschliessenden «Trainingslager» in Nevada zurückziehen. Romney fliegt einen Tag später in Denver ein. Beide tauchen für mehrere Tage praktisch aus der Öffentlichkeit ab, nur in dringendsten Fällen dürfen sie gestört werden. Schon versuchen beide Lager, allzu hohe Erwartungen herunterzuspielen. Beide betonen ihre Hochachtung für den Gegner. Obama sei «einer der talentiertesten politischen Kommunikatoren der modernen Geschichte», verlautet aus dem Umkreis Romneys. Im Lager des Präsidenten heisst es, der Herausforderer sei ein «sehr geschickter Debattenredner».

«Gib kürzere Antworten»
Klingt gut, doch die Wirklichkeit ist etwas diffiziler: Obama gilt zwar als begnadeter Redner, der sein Publikum umgarnen kann, nicht aber als ebenso begnadeter Debattierer. Obama neigt zu umständlichen und ausschweifenden Erklärungen. «Gib kürzere Antworten. Knackigere Erklärungen», fasst die «New York Times» die Kritik der Obama-Trainer zusammen. «Niemand will einen Professor, die Leute wollen einen Präsidenten.» Weitere Gefahr für Obama: Er wirkt mitunter herablassend und überheblich – ein schwerer Makel in jeder Debatte.

Romney hat mit anderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Er muss angreifen, ohne dabei allzu aggressiv zu wirken. Gerade die erste Debatte bietet ihm die grosse Chance: Das alles dominierende Hauptthema heisst Wirtschaft. Romney muss es gelingen, Obama zu stellen, ihm die schlechte Konjunktur und die hohe Arbeitslosigkeit anzulasten. Zugleich dürfe Romney, so die Rhetorik-Strategen, bei allem Angriff aber nicht die Ruhe verlieren. Er muss, auch als Herausforderer, überlegen und präsidial wirken. Keinesfalls wie ein Wadenbeisser.

Abgehobener, elitärer Multimillionär
Weitere Gefahr für Romney: Er neigt zu peinlichen Patzern. So bot er bei einer Vorwahl-Debatte im Frühjahr seinem Gegner, dem texanischen Gouverneur Rick Perry, eine 10’000-Dollar-Wette an. Die spontane Geste ging voll nach hinten los. Sie verstärkte das Negativ-Image Romneys als abgehobener, elitärer Multimillionär.

Als Obamas Vorteil gilt, dass er 2008 bereits Erfahrungen mit Präsidentschaftsdebatten sammeln konnte. Doch damals war Obama der unbekümmerte Visionär, der die Welt verändern wollte. Diesmal ist es ein völlig anderes Spiel: Obama muss seine eher magere Bilanz als Präsident verteidigen. Romney wittert seine Chance – vielleicht seine letzte im Wahlkampf. (awp/mc/ps)

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