Berlin – CDU, CSU und SPD wollen nach knapp vier Wochen Verhandlungen ihren Koalitionsvertrag vorstellen. Sie haben dazu für den Nachmittag zu einer gemeinsamen Pressekonferenz der Parteivorsitzenden Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU) sowie Lars Klingbeil und Saskia Esken (beide SPD) eingeladen. Bis dahin laufen noch letzte Verhandlungen. Die Vereinbarung soll die Grundlage für die schwarz-rote Regierungsarbeit in den kommenden vier Jahren bilden.
Einigung über Verteilung der Ministerien
Neben den inhaltlichen Fragen legten die künftigen Koalitionspartner auch bereits die Verteilung der Ministerien fest. Die CDU soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen erstmals seit fast 60 Jahren wieder das Aussenministerium übernehmen. Finanzministerium und Verteidigungsministerium sollen von der SPD geführt werden. Das Innenministerium geht an die Union. Zuvor hatten «Politico» und «Bild» darüber berichtet.
Grosse Zuversicht vor letzter Verhandlungsrunde
Die letzte Verhandlungsrunde hatte am Vormittag im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin mit grosser Zuversicht aller Beteiligten begonnen. «Wir sind auf den letzten Metern», sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende Karin Prien beim Eintreffen an der CDU-Zentrale. Sie sei «guter Dinge, dass wir heute zu einem guten Ergebnis kommen werden».
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, antwortete auf die Frage, ob heute der Sack zugemacht werde: «Mit Sicherheit.» Auch führende SPD-Politiker äusserten sich optimistisch. «Heute lohnt sich das Warten», sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch zu den Journalisten, die sich vor der CDU-Zentrale versammelt hatten.
Söder erwartet guten Tag für Deutschland
«Ich habe das Gefühl, es könnte ein guter Tag für Deutschland und für Bayern werden», sagte CSU-Chef Söder. Ähnlich positiv äusserte sich die stellvertretende SPD-Vorsitzende Anke Rehlinger: «Ich bin zuversichtlich, dass wir die letzten Meter jetzt auch erfolgreich miteinander gehen können.» Auf die Frage, wo es noch hake, fügte die saarländische Ministerpräsidentin hinzu: «Es gibt immer zum Schluss noch ein paar Fragen, die man klären muss.»
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte bei der Ankunft: «Der Schlussspurt beginnt in wenigen Minuten.» Jetzt sei nochmals konzentriertes Arbeiten angesagt.
Parteigremien und Fraktionen werden informiert
Vor der neuen Verhandlungsrunde informierte der CDU-Vorsitzende Merz das Präsidium seiner Partei über den Stand der Gespräche. Am Nachmittag will nach Informationen der Deutschen-Presse-Agentur der CDU-Vorstand zu einer Schaltkonferenz zusammenkommen, für den Abend sind Schalten beider Fraktionen geplant.
In der CDU wurde während der Verhandlungen immer wieder Verdruss laut. Die Junge Union drohte mit einem Nein zu einem Koalitionsvertrag, wenn darin nicht der von Merz im Wahlkampf versprochene Politikwechsel verankert ist. Der Kreisverband Potsdam-Mittelmark forderte eine Mitgliederbefragung wie bei der SPD, was aber von Parlamentsgeschäftsführer Frei abgelehnt wurde.
Koalitionsverhandlungen laufen seit fast vier Wochen
Die Koalitionsverhandlungen hatten am 13. März begonnen, drei Wochen nach der Bundestagswahl am 23. Februar. Zuvor hatten sich Union und SPD in Sondierungsgesprächen bereits auf ein elfseitiges Eckpunktepapier verständigt, das unter anderem die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung und ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen vor allem in die Infrastruktur vorsah.
Am Dienstag hatten die Unterhändler rund 13 Stunden lang in verschiedenen Runden mit unterschiedlicher Zusammensetzung um Kompromisse gerungen. Die finale Einigung blieb aber noch aus. Die Beratungen seien in einer «guten Stimmung» und mit einer «extrem hohen Dynamik» gelaufen, berichtete Dobrindt. «Es konnte wahnsinnig viel erledigt werden.»
Turbulenzen der Weltwirtschaft erhöhen Einigungsdruck
Nicht zuletzt die internationale Lage und die Zollpolitik der US-Regierung von Präsident Donald Trump setzten die Verhandler unter zusätzlichen Einigungsdruck. Experten sehen wegen der US-Zölle neue Rezessionsgefahren und Probleme für die exportorientierte deutsche Wirtschaft. Mit sinkenden Unternehmenssteuern, weniger Bürokratie und geringeren Energiepreisen will der voraussichtliche neue Kanzler Merz dagegenhalten.
Keine Alternative zu einer neuen schwarz-roten Koalition
Eine Alternative zu einem Regierungsbündnis aus Union und SPD gibt es faktisch nicht, weil Schwarz-Grün keine Mehrheit hätte und eine Zusammenarbeit mit der AfD von der Union klar ausgeschlossen wird.
Regierungsbildung vor Ostern nicht mehr realistisch
Bei einer Einigung mit der Union auf einen Koalitionsvertrag will die SPD ihre Mitglieder innerhalb von zehn Tagen digital darüber abstimmen lassen. Aufseiten der CDU entscheidet ein kleiner Parteitag über den Vertrag, bei der CSU reicht ein Vorstandsbeschluss.
Merz hatte ursprünglich das Ziel ausgegeben, bis Ostern eine Regierung zu bilden. Das ist inzwischen nicht mehr zu erreichen. Als mögliches Datum für die Kanzlerwahl steht nun der 7. Mai im Raum. Dobrindt verwies auf die Dauer des SPD-Mitgliederentscheids und ging von einem «Zeitpunkt Anfang Mai» für die Kanzlerwahl aus. (awp/mc/pg)