(Les Cunliffe – Fotolia.com)
Washington – Die US-Wirtschaft hat mit einem starken zweiten Quartal den witterungsbedingten Wachstumseinbruch vom Jahresbeginn mehr als wettgemacht. Wie das Handelsministerium am Mittwoch in einer ersten Schätzung mitteilte, stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von April bis Juni um annualisiert 4,0 Prozent. Die Markterwartungen von plus 3,0 Prozent wurden klar übertroffen. Zudem fällt der Einbruch im ersten Quartal jetzt geringer aus als gedacht. Anstatt eines Rücksetzers um 2,9 Prozent ergibt sich nach korrigierten Zahlen ein Minus von 2,1 Prozent.
Weil amerikanische Wachstumsraten auf das Jahr hochgerechnet werden, sind sie nicht unmittelbar mit Zahlen aus Europa vergleichbar. Wird von einer Annualisierung abgesehen, lag das Wachstum im zweiten Quartal bei etwa einem Prozent. Das ist ein starker Wert und sogar etwas mehr, als die boomende Wirtschaft Grossbritanniens im zweiten Quartal gewachsen war.
Breite Wachstumsbasis
Der Dollar legte nach den Zahlen zu vielen Währungen spürbar zu. Der Euro geriet unter Druck und fiel bis auf 1,3370 US-Dollar. Amerikanische Staatsanleihen erlitten Kursverluste, im Gegenzug erhöhten sich ihre Renditen. Die Marktreaktion zeigt, dass die Zahlen der Notenbank Fed in die Hände spielen. Sie steuert langsam, aber sicher auf eine erste Zinserhöhung nach der Finanzkrise zu.
Getragen wurde das Wachstum im zweiten Vierteljahr vor allem durch die Konsumausgaben der privaten Haushalte und den Lageraufbau der Unternehmen. Deutlich höher waren auch die Investitionen, die Bauausgaben und der Staatskonsum. Der Aussenhandel belastete hingegen das Wachstum, weil die Importe viel stärker wuchsen als die Ausfuhren.
Inflation zieht an – Fed tagt
An der Preisfront zeigt sich, dass Phasen mit geringen Inflationsraten wohl endgültig der Vergangenheit angehören dürften. Der von der Federal Reserve besonders beachtete Preisindex PCE, der auf den Konsumausgaben fusst, stieg im zweiten Quartal um 2,0 Prozent. Dies entspricht dem mittelfristigen Zielwert der Fed. Im ersten Quartal hatte die Inflation mit 1,2 Prozent noch wesentlich niedriger gelegen. Der anziehende Preisauftrieb kann ebenfalls für eine Zinsanhebung in nicht allzu ferner Zukunft sprechen.
Am Mittwochabend wird die Federal Reserve nach ihrer zweitägigen Sitzung neue Entscheidungen bekanntgeben. Erwartet wird einer abermalige Reduzierung der Wertpapierkäufe um 10 Milliarden auf 25 Milliarden Dollar je Monat. Über eine Zinswende will die Fed erst nachdenken, wenn die Konjunkturhilfen komplett eingestellt sind, was vermutlich im Oktober geschehen wird. Selbst dann will die Fed noch eine «beträchtliche Zeit» abwarten. Die meisten Analysten erwarten deswegen die erste Zinsanhebung seit Sommer 2006 erst Mitte nächsten Jahres.
Weniger Stellen als erwartet geschaffen
Hingegen hat sich die Dynamik am US-Arbeitsmarkt im Juli stärker als erwartet abgeschwächt. Die Zahl der Beschäftigung im Privatsektor sei im Juli um 218’000 Stellen gestiegen, teilte der private Arbeitsmarktdienstleister ADP mit. Die Erwartungen lagen im Schnitt bei plus 230’000 neuen Stellen. Im Juni waren noch 281’000 neue Arbeitsplätze entstanden. Das war der stärkste Zuwachs seit November 2012. Der Arbeitsmarktbericht der Regierung wird an diesem Freitag veröffentlicht. Der offizielle Bericht enthält im Gegensatz zu den ADP-Zahlen auch Daten aus dem öffentlichen Sektor. (awp/mc/pg)