Washington – Der US-Arbeitsmarkt hat sich im Juli stark entwickelt und damit keine Hinweise auf eine befürchtete Rezession geliefert. Die Beschäftigung stieg mehr als doppelt so stark wie erwartet, die Arbeitslosigkeit erreichte Vor-Corona-Niveau und die Löhne zogen wieder stärker an. Die Entwicklung führe die Debatte über einen starken wirtschaftlichen Abschwung ad absurdum, kommentierte Michael Pearce vom Analysehaus Capital Economics.
Nach Angaben des US-Arbeitsministeriums vom Freitag stieg die Beschäftigung ausserhalb der Landwirtschaft im Juli um 528 000 Stellen. Das sind mehr als doppelt so viele Arbeitsplätze wie die von Analysten erwarteten 250 000 neuen Jobs. Ausserdem wurden die Stellenzahlen für die beiden Vormonate nachträglich nach oben korrigiert.
Arbeitslosigkeit auf Vor-Corona-Niveau
Die Arbeitslosigkeit fiel unterdessen auf das Niveau, das sie vor der Corona-Pandemie innehatte. Die Arbeitslosenquote sank von 3,6 auf 3,5 Prozent. Nach Angaben des Ministeriums waren etwa 5,7 Millionen Menschen ohne Job. Beide Werte entsprächen dem Vor-Corona-Niveau vom Februar 2020, teilte die Behörde mit.
Beschleunigtes Lohnwachstum
Das Lohnwachstum beschleunigt sich wieder etwas. Die durchschnittlichen Stundenlöhne stiegen gegenüber dem Vormonat um 0,5 Prozent, nach 0,4 Prozent im Juni. Auf Jahressicht legten die Stundenlöhne wie im Juni um 5,2 Prozent zu. Viele US-Firmen klagen bereits seit längerer Zeit über einen Mangel an Arbeitskräften, weshalb die Löhne deutlich zulegen. Sie bleiben aber hinter der noch höheren Inflationsrate von 9,1 Prozent zurück.
Nachdem die US-Wirtschaft im ersten Halbjahr rechnerisch geschrumpft war, hat sich eine grössere Debatte darüber entfacht, ob man angesichts der robusten Verfassung des Arbeitsmarkts von einer «echten» Rezession sprechen könne. Die jetzigen Daten scheinen das zu verneinen: Der Arbeitsmarktbericht sei sehr stark ausgefallen und spreche für weitere deutliche Zinsanhebungen durch die US-Notenbank Fed, bemerkte Experte Pearce von Capital Economics. Die Volkswirte der Commerzbank sprachen von einem «superstarken» US-Arbeitsmarkt. «Um die Inflation in den Griff zu bekommen, wird die Fed die Zinsen wohl noch kräftig anheben müssen.»
Der Zusammenhang zwischen Arbeitsmarkt und Geldpolitik begründet, warum die Aktienbörsen auf die Daten überwiegend negativ reagierten: Steigende Zinsen sind meist Gift für riskantere Anlagen wie Aktien. An den Kapitalmärkten stiegen die Renditen hingegen an, da weitere deutliche Zinsanhebungen durch die Fed wahrscheinlicher werden. Der US-Dollar profitierte von dieser Entwicklung, da steigende Renditen für eine Geldanlage in den USA sprechen. (awp/mc/pg)