Inflation in den USA schwächt sich überraschend deutlich ab
Washington – In den USA hat die Dynamik des Preisanstiegs im Juli stärker als erwartet nachgelassen. Die Inflation schwächte sich auf 8,5 Prozent ab, wie das Arbeitsministerium am Mittwoch in Washington mitteilte. Im Juni hatte die Teuerung in der grössten Volkswirtschaft der Welt noch bei 9,1 Prozent gelegen und damit auf dem höchsten Stand seit über 40 Jahren.
Volkswirte hatten mit einem Rückgang der Inflation gerechnet, waren aber im Schnitt von einer etwas höheren Rate von 8,7 Prozent ausgegangen. Im Monatsvergleich stagnierte die allgemeine Preisentwicklung im Juli. Bei den Energiepreisen gab es im Monatsvergleich aber einen kräftigen Rückgang um 4,6 Prozent. Experten verwiesen auf den jüngsten Rückgang der Benzinpreise.
Kernrate stabil bei knapp 6 Prozent
Dagegen hielt sich die Kernrate der Verbraucherpreise, bei der schwankungsanfällige Preise für Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet werden, im Juli stabil bei 5,9 Prozent. Hier hatte der Markt einen Anstieg der Rate auf 6,1 Prozent erwartet.
Der US-Dollar und die Kapitalmarktzinsen in den USA gaben nach der Veröffentlichung der Preisdaten stark nach. Während der Dollar unter Druck geriet, stieg der Euro im Gegenzug auf 1,0346 US-Dollar und damit auf den höchsten Stand seit Anfang Juli. Auch die Aktienmärkte verzeichneten Kursgewinne. Die Marktreaktion spricht dafür, dass die Anleger bei den künftigen Zinsschritten in den USA nicht mehr so starke Erhöhungen erwarten wie bisher. Zuletzt hatte die Fed Ende Juli mit einer Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte gegen die hohe Inflation angekämpft.
Weiterhin deutlich über Fed-Inflationsziel
Die Inflation liegt aber nach wie vor deutlich über dem von der US-Notenbank Fed anvisierten Inflationsziel von zwei Prozent. «Vor diesem Hintergrund bleibt der Druck auf die Währungshüter bestehen», kommentierte Analyst Ulrich Wortberg von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Da aber die Inflationszahlen die Konsensschätzung unterschritten haben, könnten die Zinserwartungen «einen kleinen Dämpfer» erhalten.
«Nach den Daten kann man zwar etwas aufatmen, das Inflationsproblem dürfte sich aber als sehr hartnäckig erweisen», sagte Analyst Christoph Balz von der Commerzbank. «Allerdings machen die Preisdaten Hoffnung, dass der Höhepunkt der Inflation überschritten ist.»
Biden: «Wir sind auf dem richtigen Weg»
Für US-Präsident Joe Biden sind das gute Nachrichten – die hohe Inflation setzt ihn politisch unter Druck. Ausserdem war die US-Wirtschaft im Frühling erneut geschrumpft. Ökonomen sprechen von einer technischen Rezession, wenn die Wirtschaftsleistung zwei Quartale hintereinander zurückgeht – so wie nun in den USA. Das Weisse Haus hingegen argumentierte, dies sei ein zu erwartender Abschwung und keine Rezession. Dazu sei die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu gut.
«Unsere Arbeit ist noch lange nicht beendet, aber zwei Dinge sollten klar sein – erstens: Der Wirtschaftsplan funktioniert, und zweitens: Wir bauen eine Wirtschaft auf, in der sich Arbeit lohnt», sagte Biden zu den neuen Zahlen. «Wir sind auf dem richtigen Weg.» Er verwies ausserdem auf den Krieg in der Ukraine und Lieferkettenprobleme wegen Corona-Lockdowns in Asien. Deshalb müsse man «in den kommenden Monaten mit zusätzlichem Gegenwind rechnen». (awp/mc/pg)